Potenziale bleiben ungenutzt

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Auch wenn das von Polen ausgerufene »Jahr der Oder« zum 200. Jubiläum des »Protokolls von Oderberg« zum Jahresende offiziell ausläuft, stehen die Bemühungen des Landes, den Fluss zu ertüchtigen, weiter auf der Tagesordnung

Mitte Oktober gab es das dritte Treffen des Gemeinsamen Ausschusses für die Umsetzung des Deutsch-Polnischen Regierungsabkommens vom 27. April 2015 zur Situation an der deutsch-polnischen Grenzoder im Ministerium für maritime Wirtschaft und Binnenschifffahrt in Warschau. Daran nahmen Vertreter der polnischen Verwaltung teil, des Ministeriums für Seewirtschaft und Binnenschifffahrt, der Verwaltung Polnischer Gewässer und der Generaldirektion für Umweltschutz. Die deutsche Verwaltung war durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) und das Wasserstraßen- und Schifffahrts­amt (WSA) Eberswalde vertreten.

In der Sitzung sei der Fortschritt der einzelnen Investitionsaufgaben an der Oder aus der 2015 unterzeichneten Vereinbarung erörtert worden, berichtete Gerhard Ostwald, Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Oder/Havel-Gebietes. Die Teilnehmer erfuhren auch von den Ergebnissen der gemeinsamen Arbeitsgruppe, welche die Arbeit an beiden Ufern des Flusses auf regionaler Ebene fortlaufend koordiniert. Der Ausschuss verpflichtete die Arbeitsgruppe, einen gemeinsamen Arbeitsplan vorzulegen, in dem die Notwendigkeit berücksichtigt wird, an den wichtigsten Stellen, an denen der Wasserdurchfluss begrenzt ist und die im Vertrag als vorrangig festgelegt wurden, sobald wie möglich mit den Tätigkeiten zu beginnen.

Während des Treffens wurde auch ausführlich über die Umweltverträglichkeitsprüfungen gesprochen. Die polnische Seite habe über die nächsten Phasen der Umweltverträglichkeitsprüfung für Modernisierungsaufgaben an der Oder informiert, während die deutsche Seite den aktuellen Stand der Arbeiten zur strategischen Umweltprüfung für das gesamte Regelungskonzept der Oder-Modernisierung zur Diskussion stellte. Die Parteien haben vereinbart, bei beiden Umweltprüfungen eng zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen.

Ostwald forderte, das auch die deutsche Seite, Bundesminister­ium und GDWS, zur Kenntnis nehmen sollten, dass sich an der Oder etwas tue und sie mit der polnischen Seite in nachbarschaftlichem Einvernehmen in die notwendigen Maßnahmen investieren solle. »Totschweigen« sei keine Politik.

Gut drei Wochen zuvor hatten unter der Führung des Landkreises Oder-Spree mehrere Städte und Gemeinden in Zusammenarbeit mit der IHK Ostbrandenburg zur Fachveranstaltung »Die Zukunft der Güterschifffahrt in der deutsch-polnischen Grenzregion« nach Eisenhüttenstadt geladen. Dabei wurden die Potenziale der Binnenschifffahrt auf der Oder sowohl von deutscher als auch von polnischer Seite beleuchtet. David Schütz von der Deutschen Binnenreederei plädierte dabei als Ziel für die Oderschifffahrt für eine durchgehende Abladetiefe von mindestens 1,25m. Dies würde eine Gütermenge von knapp 800t bedeuten. Doch selbst diese minimale Abladetiefe werde oft nicht erreicht, sodass oftmals statt Massengütern vorrangig Maschinen(teile), Schwertransporte aller Art und Kaskos als Transportgut auf der Oder blieben. Von polnischer Seite sei darauf hingewiesen worden, berichtete Ostwald, dass zunehmend auch Kohle in Containern transportiert und umgeschlagen werde. Panamax-Schiffe mit 65.000t Tragfähigkeit im Hafen Swinoujscie würden derzeit mit Gütern beladen, die per Bahn aus Schlesien kämen.

Przemyslaw Zukowski vom Ministerium für maritime Wirtschaft und Binnenschifffahrt in Warschau erläuterte die Absichten der polnischen Regierung, die das Programm für die Ertüchtigung der Oder weiter zügig vorbereiten werde. Ziel sei es, eine Regierungsvorlage für das erste Quartal 2021 zu erarbeiten. Bis 2023 solle die Oder durchgehend der Binnenschifffahrtsklasse III (Gustav Königs, 67-80 m x 8,20 x 2,50= 650-1.000 t) entsprechen. Dies sei Voraussetzung, um in Brüssel für finanzielle Unterstützung für eine weitere Modernisierung zu werben. Damit hat die polnische Regierung jedoch die auf der Oderkonferenz vom 24./25. November 2017 in Breslau verkündete Absicht, die Oder zur Wasserstraßenklasse Va (110 x 11,40 x 2,80m) auszubauen, (siehe »Binnenschifffahrt 12/17 S. 56 ff), wieder zurückgenommen.

Die im deutsch-polnischen Regierungsabkommen vorgesehene Vertiefung des Dammschen Sees bei Stettin von zirka 2,30m auf 3m zum besseren Ablauf des Wassers bei Eisstau im Winter sei für 2023 vorgesehen. Die Klützer Querfahrt, die die Nutzung von Fluss-/Seeschiffen bis Schwedt/Oder ermöglicht, soll bis 2022 vertieft werden. Die europäische Wasserstraße E 70 stehe aber, so Zukowski, für Polen nicht mehr im Vordergrund, weil die Seehäfen Stettin und Danzig eine größere Bedeutung für die polnische Wirtschaft hätten. Warthe, Netze und Bromberger Kanal seien eher für kleine Schiffe im Wassertourismus geeignet. Der Güterverkehr könne hier nicht mehr gewährleistet werden.