Deutsche Seehäfen positiv gestimmt

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Nach einem Jahr der Stagnation erwarten die deutschen Seehäfen für dieses Jahr wieder eine leichte Umschlagsteigerung. Hamburg rechnet mit 140 Mio. t Güterumschlag und über 9 Mio. TEU

Dass die deutschen Seehäfen weder beim Gesamtumschlag noch beim Handel mit Containern 2018 Wachstum verzeichnen konnten, sei auf die Standortnachteile zurückzuführen, die sie im Vergleich zu vielen europäischen Wettbewerbern vor allem in Belgien und den Niederlanden nach wie vor hätten, sagte Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). »Die Wettbewerbsnachteile müssen und wollen wir gemeinsam mit der öffentlichen Hand beseitigen«, unterstrich er bei der Jahrespressekonferenz des ZDS in Hamburg.

Der Zukunft blickt der Verband unterdessen wieder positiver entgegen. Im ersten Halbjahr gingen 148,1Mio.t (+0,3%) und 7,5Mio. TEU (+0,7%) über die Kaikanten. Dreeke hält deshalb einen Gesamtgüterumschlag in den deutschen Seehäfen am Jahresende in Höhe von rund 300Mio.t für realistisch.

»Wir sind nicht in einer Wirtschaftskrise, sondern wir haben ein verlangsamtes Wachstum« stellte er klar. Solange ein Wachstum erzielt werde, sei es falsch, von Krise zu sprechen.

In seiner Veröffentlichung »Gleitende Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr – Kurzfristprognose Sommer 2019« rechnet das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) für die Jahre 2019 bis 2021 bei den Umschlagzahlen in den deutschen Seehäfen ebenfalls mit einer positiven Entwicklung.

Für das laufende Jahr wird mit einem Plus von 4,4 % kalkuliert. Dies sei das höchste Wachstum seit 2011 und vor allem mit dem Containerbereich begründet, wo ein knapp zweistelliger Anstieg zu erwarten sei, heißt es dort.

Der Containerverkehr werde das ungewöhnlich hohe Wachstum des laufenden Jahres allerdings absehbar nicht wiederholen können. Für den gesamten Umschlag im Jahr 2020 beziehungsweise 2021 werden daher moderate Anstiege um 1,8% beziehungsweise 1,5% erwartet.

Noch immer haben die deutschen Seehäfen gegenüber ihren Wettbewerbern mit Nachteilen zu kämpfen. Eines der wichtigsten Beispiele hierfür ist das Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer. Dies wird in Deutschland anders umgesetzt als in in anderen Staaten der EU. Hierzulande müssen Importeure die Einfuhrumsatzsteuer direkt bei der Wareneinfuhr entrichten. Dadurch werden unnötige Kosten verursacht und die Liquidität auf Seiten der Importeure einschränkt, kritisierte Dreeke. Dies habe zur Folge, dass Waren über Nachbarstaaten eingeführt würden.

Hier sieht der ZDS-Präsident, der von der Mitgliederversammlung ebenso wie Vize-Präsident Jens A. Scharner einstimmig für drei weitere Jahre im Amt bestätigt wurde, die Politik aber mittlerweile auf einem guten Weg. Sie habe erkannt, dass etwas passieren müsse. »Bund und Länder sind sich einig: Die in Deutschland angewandte und von allen Seiten als revisionsbedürftig angesehene Vorgehensweise muss durch ein besseres Verfahren ersetzt werden. Auch die Lösungskonzepte zur Einführung des im EU-Recht längst verankerten Verrechnungsmodells liegen jetzt auf dem Tisch – wir müssen dies nur umsetzen«, so Dreeke.

Da dafür die Verfahrensvorschriften der deutschen Zollverwaltung angepasst werden müssten, rechnet der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) aber frühestens im Jahr 2021 mit einer Beseitigung der durch die Einfuhrumsatzsteuer entstehenden Wettbewerbsnachteile.

Vergleichsweise hohe Wegekosten, eine lückenhafte digitale Infrastruktur und langwierige Planungsverfahren sind weitere Bereiche, bei denen nach Auffassung des Verbands nachgesteuert werden muss. Insbesondere gelte es, langwierige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Bezüglich der Wegekosten sollten aus Sicht des ZDS eine Entfristung der Trassenpreisförderung im Schienengüterverkehr und die Reduzierung der Stromsteuer auf Eisenbahnfahrstrom in Betracht gezogen werden. Die Existenz einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur an Hafenstandorten, aber auch im relevanten Hafenhinterland, spielt im Standortwettbewerb eine wichtige Rolle. Auch hier gelte es, Boden gegenüber den Nachbarstaaten gut zu machen.

Eine Beschleunigung von Planungsverfahren könnte durch eine Novellierung des deutschen Wasserrechts erreicht werden. »Neben einer Anpassung des deutschen Wasserrechts ist auch die Konkretisierung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die zurzeit überprüft wird, notwendig, um Verfahren zu verkürzen und mehr Rechtssicherheit zu schaffen«, betonte Dreeke. Der Zeitrahmen für die Vorgaben in der Richtlinie laufe aktuell bis 2027, sodass nicht klar sei, wie es danach weitergehe. Diese Tatsache könnte nach Ablauf dieses Zeitraums für zusätzliche, erhebliche Rechtsunsicherheit sorgen, mahnte er.Positiv bewertet der ZDS hingegen die 140Mio.€, die der Bund für die Landstromversorgung bereitstellen will.

IHATEC geht in eine neue Runde

Ebenfalls zufrieden zeigen sich die Seehäfen mit der Entwicklung bei der Förderung von Innovativen Hafentechnologien (IHATEC). Im April endete der dritte Förderaufruf. Bisher wurden für eine Vielzahl von Projekten mehr als 100 Mio. € bereit gestellt. Wegen des großen Erfolgs will das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) das Förderprogramm nun bis zum Jahr 2025 verlängern und jährlich 11Mio. € für innovative Lösungen in See- und Binnenhäfen zur Verfügung stellen.

Von immer größerer Relevanz ist für den ZDS auch die Kreuzfahrtbranche. Allerdings gelte es nicht nur für Landstromanschlüsse zu sorgen, sondern auch die Energiezufuhr sicherzustellen. Hier sei noch ein dickes Brett zu bohren, so Dreeke, der aber betont, den Druck aufrecht erhalten zu wollen.

Der Hamburger Hafen hat sowohl im Containerumschlag als auch im gesamten Warenaustausch von Januar bis September ein spürbares Wachstum erzielt. Im Seegüterumschlag gab es in diesem Zeitraum ein Plus von 3,2% auf 104Mio.t. Damit liege man deutlich über dem Wachstum der großen Wettbewerbshäfen in Europa, die insgesamt im Durchschnitt 1% mehr Güter umgeschlagen hätten, sagte Ingo Egloff, Vorstand Hafen Hamburg Marketing (HHM), bei der Verkündung der Quartalszahlen. Der Containerumschlag konnte um 6,9% auf 7Mio. TEU gesteigert werden. Auch hier verbesserte sich Hamburg im Vergleich zu den Wettbewerbern, die im Durchschnitt auf ein Wachstum von 3,4% kamen. Dennoch liegt man nach wie vor hinter Rotterdam und Antwerpen auf Position drei in Europa. Hauptgrund für den gestiegenen Umschlag im Containerverkehr sind Egloff zufolge vier neue Transatlantikdienste von Hapag-Lloyd und ONE, beides Allianzpartner, sowie vier neue Feederdienste in die Ostsee. Vor allem die Zahl der Großschiffe steigt weiter. In den ersten neun Monaten haben 123 Schiffe mit Kapazitäten für mehr als 18.000TEU (+18,3%). Umso wichtiger sei die Fahrrinnenanpassung, deren Realisierung im Juli begonnen hat. Gerade wegen der vielen Großschiffe wird die 385m breite Begegnungsbox bei Wedel dringend benötigt. Diese wird derzeit auf einer Länge von 5km hergestellt und soll zum Jahresende fertig sein, sodass Anfang 2020 ein erster Nutzen daraus gezogen werden könnte. Davon würde auch der Massengutumschlag profitieren, der von Januar bis September um 2,1% auf 31,6Mio.t Güter zurückgegangen ist. Egloff ist überzeugt, dass bis Jahresende im Containerumschlag die 9-Mio.-TEU-Marke überschritten werden wird, im Gesamtumschlag hält er 140Mio.t für möglich.


Thomas Wägener