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Das erste der beiden Solarschiffe, die bei der Kiebitzberg Schiffswerft für die Berliner SolarCircleLine gebaut werden, ist in die Bundeshauptstadt aufgebrochen. Zusammen mit seiner Schwester wird es im April in Berlin-Teltow getauft

Bei der »SunCat 120« und ihrer baugleichen Schwester »SunCat 121« handelt es sich schnittige und elegante Katamarane mit Panorama-Fenstern rundherum und einem luxuriösen Innenausbau. Die Schiffe bieten Platz für je 180 Personen. Künftig werden sie auf den Berliner Gewässern verkehren und das ganz ohne einen signifikanten »ökologischen Fußabdruck« zu hinterlassen, denn das Duo wird rein solarelektrisch betrieben.

Lust auf Neubauten kehrt zurück

Die Probefahrten der »SunCat 120«, dem ersten der beiden Einheiten, seien allesamt erfolgreich verlaufen, sagt Andreas Lewerken, Geschäftsführer der Kiebitzberg Schiffswerft. Vor einigen Jahren hätte man sich mit den Gedanken beschäftigt, aus dem Schiffbau auszusteigen, weil die Untere Havel ja nur noch für die regionale Schifffahrt zugelassen sei. Eigentlich sei man mit dem Bau von Luxuskabinen für Kreuzfahrtschiffe gut ausgelastet. »Aber als wir die Ausschreibung bekamen und die Anforderungen für uns erkannten, packte uns der Ehrgeiz, uns für den Bau zu bewerben. Und auch unsere Schiffbauer mit Ullrich Ahrens als Schiffbaumeister wollten wieder ‚richtige‘ Schiffe bauen«, so Lewerken. Mit der Herstellung von Luxusyachten für den Binnen- und Küstenbereich habe man mit dem Aluminiumschiffbau bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Und die beiden Schiffe für die SolarCircleLine werden vom Boden der Rümpfe bis zum Steuerhaus komplett aus Aluminium gefertigt. Die Innenverkleidung erfolge mit hochwertigen sowie feuerfesten Materialien.

Die Fahrt des ersten der beiden neuen Fahrgastschiffe führte auf der Havel bergwärts bis Pritzerbe, einer sehr bekannten kleinen Schifferstadt. Pritzerbe ist mit über 1.050 Jahren eine der ältesten und kleinsten Städte der Mark Brandenburg. Sie ist vergleichbar mit der Schifferstadt Alsleben an der Saale oder Aken an der Elbe.

Schiffsführer und Hafenmeister Jürgen Patzlaff, der auch Vorsitzender des Pritzerber Schiffervereins ist, hatte mit seinen Kollegen bereits einen Landanschluss gelegt, damit das Schiff seine Akkus für die Weiterfahrt nach Berlin am nächsten Tag über Nacht aufladen konnte. Lewerken betont, dass die Katamarane rein elektrisch betrieben und bei mangelnder Sonnenenergie die Akkus mit Landstrom so aufgeladen werden, dass die Schiffe einen Tag mit Energie versorgt sind.

Mitte Dezember ging die Fahrt von Pritzerbe weiter die Havel zu Berg bis Plaue und über den gleichnamigen See, den Silokanal und weiter die Havel aufwärts bis Potsdam. Danach folgte die Passage des Teltokanals, bis das Schiff schließlich seinen künftigen Liegeplatz 6 bei der Stern und Kreis-Schiffahrt in Berlin-Treptow erreichte. Hier werden der Neubau und seine Schwester im April feierlich getauft, bevor sie ihre Fahrten auf den Berliner Gewässern aufnehmen.

Die Schiffe werden von der SolarCircleLine betrieben, die sich in den vergangenen Jahren bereits mit kleineren vollelektrischen Schiffen in Berlin einen Namen gemacht hat. Die SolarCircleLine ist ein im August 2016 gegründetes Tochterunternehmen von SolarWaterWorld, die seit über 20 Jahren international die Entwicklung solar-elektrisch betriebener Personenschiffe vorantreibt. Für die Aufnahme und Umsetzung eines erfolgreichen Reedereibetriebs hat sich die SolarCircleLine 2018 mit der Stern und Kreisschiffahrt über eine Minderheitsbeteiligung einen Partner aus diesem Bereich an Bord geholt.

Zahlen und Fakten

Am Bau eines solchen Schiffes sind viele Partner und Lieferanten beteiligt. Als wichtigste zählt Lewerken auf: »Die IEA Industrieelektronik und Automations GmbH aus Roßdorf bei Genthin. Sie hat die gesamte Elektronik und Elektrik einschließlich des modernen Steuerstandes installiert. Die aentron GmbH aus Gilching bei München hat die hochwertigen Lithium-Ionen-Akkus geliefert, IEA sie eingebaut. Die Antriebe lieferte die Kräutler Elektromaschinen GmbH aus Lustenau. Mit der Konstruktion betrauten wir das Konstruktionsbüro Schiffstechnik Buchloh.« Alles andere habe die Werft selbst gemacht. Der Zuschnitt aller Bauteile erfolgte auf CNC-gesteuerten Arbeitsmaschinen. Lediglich das Zusammenschweißen der Sektionen musste in Handarbeit gemacht werden.

Das äußere Design entwickelte Andreas Lewerken selbst, das Innere entwarf er gemeinsam mit Sohn Florian, der gleichzeitig für die technische Leitung und das Produktionsmanagement zuständig ist.

Die Leitung aller schiffbaulichen Arbeiten werden von Schiffbaumeister Ullrich Ahrens verantwortet, der seinen beruflichen Weg als Schiffbauer bereits in der früheren DDR erfolgreich absolviert und der Schiffswerft in Havelberg, Sachsen-Anhalt, immer die Treue gehalten hat.


Christian Knoll