Der beschlossene Ausstieg aus der Kohleverstromung trifft die Binnenschifffahrt hart. Davor warnt jetzt der Bundesverband BDB und fordert finanzielle Hilfen des Staates
Bei einem Blick auf die Jahresstatistik zeigt sich schnell, welche Bedeutung Kohle als Transportgut für die Binnenschifffahrt hat. Mit jährlich rund 35 Mio. t gehört sie zu den wichtigsten Gütergruppen für die Binnenschifffahrt in Deutschland. Das macht in etwa 17,5% der gesamten Jahresleistung aus. Doch ihr Ende naht, nachdem die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen hat.
Grundsätzlich sei das Vorhaben der Bundesregierung mit Blick auf einen besseren Klimaschutz und eine umweltfreundlichere Stromerzeugung zu begrüßen, meldet sich jetzt der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) zu Wort. Es folgt ein großes »Aber«. Der Ausstieg zugunsten regenerativer Energien sei »nicht weit genug« gedacht.
Wird der Kohlausstieg wie geplant umgesetzt, werde »seitens der Regierung die Vernichtung eines Transport- und Logistikmarktes betrieben«, sagt kritisiert BDB-Präsident Martin Staats. Weder über die betriebs- und volkswirtschaftlichen Folgen für das betroffene Gewerbe noch über die Situation der Beschäftigten in diesem Segment sei nachgedacht worden, legt er nach. Denn dazu werde im Gesetzentwurf kein Wort verloren.
Für die Binnenschifffahrt und ihre Partner im System Wasserstraße, vor allem die Binnenhäfen, komme das Ende der Kohleverstromung viel zu kurzfristig, heißt es beim BDB. Während des Ausstiegsszenarios, das bereits 2022 beginnt und bis 2038 reicht, werde es nur sehr schwer gelingen, neue Märkte zu erschließen und alternative Transportgüter zu akquirieren – schon gar nicht in einer Größenordnung, die geeignet sei, die Kohle-Mengen zu kompensieren.
Das Gewerbe befürchtet, bei konservativer Schätzung, einen Umsatzverlust im »deutlich dreistelligen Millionenbereich«. Betriebswirtschaftliche Folgekosten seien dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Daher fordert der BDB nachdrücklich finanzielle Kompensationsleistungen des Bundes, um den Umstieg abzufedern. Eine entsprechende Stellungnahme zum Entwurf des »Kohleausstiegsgesetzes« sei dem Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt worden.
Unterstützung bekommt das Gewerbe von den beiden binnenschifffahrtspolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen, Eckhard Pols (CDU) und Mathias Stein (SPD). »Bund und Länder müssen sich stärker als Partner des Gewerbes und der Häfen einbringen«, sagt Pols. Die Wasserstraße könne durch eine bessere Vernetzung mit Schiene und Straße vor allem für den Containerverkehr attraktiver werden. »Die Förderung des Bundes für KV-Umschlaganlagen muss deutlich ausgeweitet werden«, fordert Stein.
Insbesondere die Kraftwerke im Ruhrgebiet setzen laut BDB nahezu vollständig auf die Wasserstraße: Auf dem Wesel-Datteln-Kanal, dem Datteln-Hamm-Kanal und dem Dortmund-Ems-Kanal werden im Schnitt jeweils über 5 Mio. t Kohle pro Jahr befördert.
Für andere Branchen sorgt der Bund dagegen: Den Betreibern von Braunkohle-Kraftwerken und Tagebauen hat die Regierung Entschädigungen von insgesamt 4,35 Mrd. € zugesagt. Für ältere Beschäftigte der Branche ist ein Anpassungsgeld für den Übergang in die Rente von bis zu 5 Mrd. € geplant. Außerdem erhalten die betroffenen Regionen für den Strukturwandel weitere 40 Mrd. €.
Für Steinkohlekraftwerke sind weder Entschädigungen noch ein fester Zeitplan vorgesehen. Stattdessen sollen sich ihre Betreiber um Stilllegungsprämien bewerben und ihre Werke dann schließen. Für dieses Jahr soll das Maximalangebot 165.000 € pro stillgelegtem MW betragen, danach stark absinken. Wann genau die Steinkohle damit ausläuft, steht somit nicht fest.