Ein Abnutzungskampf am Main

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Wehranlagen dienen zwar nicht unmittelbar der Schifffahrt, sind jedoch die zentralen Elemente der Staustufen. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter stehen vor der Herkulesaufgabe, die alten Anlagen instand zu halten

Für die Schifffahrt sind die Wehranlagen elementar wichtig. Bei niedrigen Wasserständen halten sie den Wasserstand an den Staustufen konstant und ermöglichen so der Schifffahrt gleichbleibende Wassertiefen, bei höheren Abflüssen müssen sie die Wassermassen je nach Abflusshöhe schadlos abführen können.

Die Wehrverschlüsse sind von daher als »bewegliche Verschlüsse« gebaut worden. Aufgrund des zunehmenden Alters der Anlagen ist ein deutlicher Verschleiß und Abnutzung insbesondere an den Stahlwasserbauteilen festzustellen. Die Anlagen am Main bestehen aus einem Massivbau mit Wehrsohle und Wehrpfeilern, aus einem beweglichen Wehrverschluss aus Stahl sowie einem mechanischem Antrieb, der über Ketten das Heben und Senken der Wehrverschlüsse gewährleistet. Wesentliche Grundlage für das Wehrprogramm des WSA Schweinfurt sind Bauwerksinspektionen, eine Prüfung mit Trockenlegung alle sechs Jahre sowie die Bauwerksüberwachung nach drei Jahren. Bei 51 einzelnen (beweglichen) Wehrverschlüsse ist dafür eine vorausschauende Planung und Abstimmung des Prüfungsprogrammes zwischen den Beteiligten im Amt, in den Außenbezirken und im Bauhof nötig. Unvorhersehbare Ereignisse können zudem Anpassungen erfordern.

Das WSA Schweinfurt hat die Abarbeitung der durch die BI festgestellten Schäden in Prioritätsstufen gereiht (jeweils Wehrfeld Links, Mitte und Rechts), diese sind bei den 19 Wehranlagen ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt – Rot entspricht der höchsten Prioritätsstufe mit sofortigem Handlungsbedarf. dann müssen sofortige Instandsetzungsmaßnahmen veranlasst werden oder das Wehr muss, wenn möglich, für den Betrieb gesperrt werden. Die Graustufen symbolisieren abgestuft den kurz,- mittel-, und langfristigen Handlungsbedarf. Bei festgestellten Schäden der Schadensklasse 4 mit akutem Handlungsbedarf

Aufgrund des Alters der Wehranlagen und der Belastungen durch häufige Stellbewegungen und Umwelteinflüssen ergeben sich folgende Schäden an den Wehrverschlüssen:

• Verschleiß der Zahnschienen und Zahnkränze

• Durchrostung von Staublechen, tragenden Stahlelementen und Nieten

• Risse in Seitendichtungen/Seitenschildern (Schwingungserscheinungen)

• Sprödbruchgefährdung beim Stahlbau sowie bei den Ketten

• Verschlissener Korrosionsschutz mit PAK und Asbest

• Verschleißerscheinungen an Zahnrädern und Kettenritzel

• veraltete Elektro- und Maschinen­technik

Arbeiten zur Instandsetzung von Wehranlagen können nur in der hochwasser-freien Zeit (Mai bis Oktober) durchgeführt werden. Für das parallele Trockenlegen der Stauanlagen müssen ausreichend Wasserfahrzeug- und Taucherkapazität und entsprechendes Personal zur Verfügung stehen. Das Trockenlegen der Wehrverschlüsse erfolgt mit Revisionsverschlüssen unterschiedlicher Bauart im Ober- und Unterwasser der Wehranlagen.

Die Altanstriche der Verschlüsse mit asbest- bzw. PAK-haltigen Anstrichen erschweren zudem die Instandsetzungsmaßnahmen, da dafür zum Teil Kompletteinhausungen der Wehrverschlüsse erforderlich sind. Der Gerüstbau und die Schutzeinrichtungen (Absaugeinrichtung, Dreikammerschleuse) sind zeitintensiv und ein deutlicher Kostenfaktor innerhalb der Gesamtmaßnahme.

Das jährliche Wehrprogramm des WSA Schweinfurt wird aufgrund vorangegangener Bauwerksinspektionen sowie der Einstufung der Dringlichkeit der Maßnahmen festgelegt. Das Wehrprogramm lässt sich wie folgt gliedern:

• kurzfristige Instandsetzungen von 4-er Schäden

• einfache Instandsetzungen (Smart Repair – Kosten rd. 0,2–0,5 Mio. €, Bauzeit 2–4 Monate)

• Erneuerung der Elektrotechnik und des Maschinenbaus in den Antriebshäusern der Wehranlagen

• umfangreiche Grundinstandsetzungen mit Kompletteinhausung des Wehrverschlusses (Bauzeit Mai–November, Kosten rd. 1,0–1,5 Mio. €)

• Kettenprogramm zum Austausch der Wehrketten

• Ersatz von Zahnstangen und Zahnschienen bei Walzenwehren

Im vergangenen Jahr erfolgten Arbeiten an den Wehranlagen Rothenfels, Marktbreit, Kitzingen, Dettelbach, Garstadt, Schweinfurt und Knetzgau mit einem Investitionsaufwand von rund 4,8 Mio. €. Zusätzlich konnten an Wehrverschlüssen in Dettelbach und Knetzgau aufgrund des Schadensbildes und kurzfristig engagierter Firmen sogenannte 4-er Schäden beseitigt werden. Ein weiterer 4-er Schaden führte zu einer Sperrung des Wehres in Dettelbach. Es soll 2020 von Grund auf instand gesetzt werden. Dafür wird die eigentlich geplante Sanierung des Wehres in Garstadt geschoben.

Sonderfall Rothenfels

Ein Sonderfall ist die Staustufe Rothenfels, bestehend aus Wehr, Kraftwerk und Schiffsschleuse. Die Anlage wurde 1937 in Betrieb genommen. Das Wehr hat drei Wehrfelder mit je 30 m Breite. Planmäßig soll die Feinregulierung des Oberwasserstandes über die Aufsatzklappe des mittleren Wehrfeldes erfolgen. In der Vergangenheit wurden dafür aber auch die beiden Wehrwalzen in den Randfeldern genutzt. Das hat dazu geführt, dass die Walzen deutlich öfter als ursprünglich geplant bewegt wurden.

Die beidseitig mit kombinierten Lauf- und Zahnkränzen ausgestatteten Walzen werden über Hubketten auf geneigten Zahnstangen (bestehend aus Lauf- und Zahnschienen) gehoben bzw. wieder abgesenkt. Die Hubwege sind klein, so dass nur eine geringe Länge der Laufschienen und nur wenige Zähne im untersten Bereich der Zahnstange überrollt werden.Daraus resultiert sowohl in den betreffenden Bereichen der Lauf- als auch der Zahnschienen ein erhöhter Verschleiß. Es stellten sich sowohl lokale Schäden an den pfeilerseitigen Schienen als auch an den walzenseitigen Zahnkränzen ein, die einen Austausch bzw. eine Instandsetzung dieser Bauteile erforderlich machten.

WSA entwickelt eigenes Konzept

Beim WSA Schweinfurt wurde in den Jahren 2017/2018 ein Konzept entwickelt, das einen lokalen Austausch des geschädigten unteren Stückes der Zahnstangen sowie der zugehörigen Zahnkranzsegmente an der Walze vorsieht. Die restlichen, noch intakten Teile der bestehenden Zahnstangen und Zahnkränze werden hingegen weiter genutzt.

Die alten Zahnstangen bestehen aus einem Stahlguss, die neuen Teilstücke sind dagegen Frästeile. Die Laufflächen der Laufschienen werden tauschbar ausgeführt. Künftig notwendige Reparaturen können dann in Eigenregie ohne Betonbau ausgeführt werden.


Autoren: Heinrich Schoppmann, Leiter WSA Schweinfurt, Uwe Hartmann, Technischer Angestellter, Sachbereich 2 WSA Schweinfurt