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Die Inneneinrichtung der »Oesterreich« wurde im vergangenen Jahr rekonstruiert und im Stil der 1920er-Jahre gestaltet. Das Fahrgastschiff wird für Themenfahrten auf dem Bodensee genutzt und nimmt auch an der diesjährigen Landesgartenschau in Überlingen teil

Das 1928 auf der Korneuburger Werft in Österreich gebaute 54m lange und mehr als 7m breite Fahrgastschiff bietet Platz für bis zu 145 Personen, seinerzeit war es das erste Dieselmotor-Passagierschiff auf dem Bodensee. Gemeinsam mit dem Jugendstil-Schaufelraddampfer »Hohentwiel« wird es heute von der Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft betrieben. Beide Einheiten laufen seit etwa einem Jahr unter dem Titel »Historische Schifffahrt Bodensee« und werden für unterschiedliche Fahrten ganzjährig genutzt, darunter Weinverköstigungen und Frühstücksfahrten. Zudem gibt es an Bord auch viele Events, bei denen verschiedene Musikrichtungen im Vordergrund stehen. Darüber hinaus können sie gechartert werden.

Einer der Höhepunkte in diesem Jahr ist für die »Oesterreich« die Fahrt zur Landesgartenschau in Überlingen am nördlichen Bodenseeufer am 6. Mai. »Wir freuen uns besonders, diese Fahrt anbieten zu können«, so die Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft. Das Gelände umfasst einen rund 6ha großen Uferpark sowie zahlreiche Ausstellungsflächen auf rund 11,5ha. Für alle Pflanzen- und Blumenliebhaber sei der Besuch ein Muss, heißt es.

Nach ihrer offiziellen Taufe im Sommer 1928 war das Fahrgastschiff bei den Passagieren auf Anhieb beliebt, denn das elegante, maritime Aussehen im Stil des Art déco faszinierte die Gäste auf dem Bodensee.

Rettung vor der Verschrottung

Nach 80 Jahren im Betrieb als Passagierschiff, als Eisbrecher und als Kriegsschiff und einer geplanten Versenkung wurde die »Oesterreich« 2009 aus technischen Gründen stillgelegt. Eigentlich sollte sie verschrottet werden, doch gegen das Vorhaben regte sich Widerstand.

Eine Gruppe von Schiffsfreunden war entschlossen, das Fahrgastschiff zu retten. 2014 wurde deshalb der Verein »Freundeskreis MS Oesterreich« gegründet. Ein Jahr später begann ein Team von insgesamt 25 Freiwilligen mit der Restauration. Man musste jedoch feststellen, dass die 80 Jahre im Betrieb nicht spurlos an dem Fahrgastschiff vorübergegangen waren. Dementsprechend standen umfangreiche Renovierungsarbeiten an.

Während des Ausbaus der Inneneinrichtung wurde nach Angaben der Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft klar, dass auch die Aufbauten ersetzt werden mussten. Da der Rückbau den Verein finanziell überfordert hätte, entschloss man sich, das Schiff wieder in seinem ursprünglichen Zustand neu aufzubauen.

Binnen kurzer Zeit fand sich dafür ein weiterer Freundeskreis. Mit der Gründung einer GmbH war schließlich die finanzielle Basis für die grundlegende Renovierung gelegt. Weitere Unterstützung gab es durch das Land Vorarlberg und die europäische INTERREG-Förderung.

Umfangreiche Rekonstruktion

Für knapp 9Mio.€ wurde das Schiff rekonstruiert, also gemäß seinem Originalzustand nachgebaut. Es habe hohe Auflagen gegeben, auch in Bezug auf den Brandschutz, so der Betreiber, der das Ziel hatte, ein »Museumsschiff zum Anfassen« zu bieten.

Die Firma Holzmanufaktur und Vitrinenbau Auer aus Innsbruck in Österreich gestaltete die gesamte Inneneinrichtung im Stile der 1920er-Jahre, wie sie damals die weltbekannte Wiener Firma Portois & Fix nach eigenen Entwürfen geliefert hatte.

Die Stilepochen früherer Zeiten forderten vom Planer und Ausführenden von heute sowohl höchstes handwerkliches Geschick als auch detailliertes Wissen und große Erfahrung im Umgang und Einsatz von verschiedensten Materialien wie Holz, Messing, Nirosta etc., betonen die Innsbrucker. Für den Stufenbereich der »Oesterreich« seien beispielsweise extra spezielle Metallteile gegossen worden.

»Die harmonische Gestaltung und perfekte Verarbeitung können nun von den Passagieren während der verschiedenen stimmungsvollen Themenfahrten mit allen Sinnen ausgiebig genossen und erfühlt werden«, so Auer.

Der große Salon auf dem Achterdeck ist damals wie heute durch breite, rechteckige Fenster dicht über der Wasserlinie gekennzeichnet. Zwischen den Fenstern befinden sich getäferte Wände aus lackiertem und poliertem Birnbaumholz mit Wandleuchtern. Darunter verlaufen gemustert gepolsterte Längsbänke. Die dunklen Polsterstühle mit oval geformten Ornamentrückenlehnen aus dunklem Holz lassen sich um runde und eckige Tische gruppieren, alles in »Art déco«, dem typischen Stil der goldenen 1920er-Jahre. Dies erinnerte eher an eine Privatyacht auf dem Mittelmeer als an ein Bodensee-Schiff. Die mit Sonnensegeln überspannten Freidecks bieten viel Platz vorn und achtern, und entlang des Hauptdecks verläuft beiderseits eine durchgehende Galerie.

Auf dem Oberdeck sind das Steuerhaus, die Rettungsboote, große Lufthutzen sowie der Schornstein angeordnet. Dies alles gab und gibt dem Schiff ein sehr maritimes Aussehen. Zudem ist die »Oesterreich« auf dem Hauptdeck barrierefrei.

Den Antrieb leisten zwei 8-Zylinder Viertakt-V-Dieselmotoren DI16 080M von Scania, von denen jeder eine Leistung von 285kw erbringt. Das Schiff erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 29km/h.

Vor knapp einem Jahr konnte die umfangreiche Rekonstruktion des historischen Fahrgastschiffes abgeschlossen werden, sodass am 18. April 2019 die offizielle Wiederinbetriebnahme gefeiert wurde.