Ungeachtet der Widerstände deutscher und polnischer Umweltverbände hält die polnische Regierung am beschlossenen Oderausbau fest. In einem ersten Schritt werden eine Straßen- und eine Eisenbahnbrücke ersetzt. Von Christian Knoll
Das Staatsunternehmen Wody Polskie (Polnische Gewässer) hat eine Kofinanzierungsvereinbarung mit dem Zentrum für EU-Verkehrsprojekte für die Baudurchführung des Projekts »Modernisierungsarbeiten an der Grenzoder zur Gewährleistung des Eisbrechens im Winter« unterzeichnet.
Die grenzüberschreitende Investition sei eine der größten Aufgaben, die derzeit von Wody Polskie ausgeführt würden. Das Vorhaben sei gleichzeitig Gegenstand der polnisch-deutschen Regierungsvereinbarung von 2015 über die gemeinsame Verbesserung der Lage auf den Wasserstraßen im polnisch-deutschen Grenzgebiet. Die Grenzoder verläuft von Okm 535,0 (kurz oberhalb der Neißemündung bis Okm 730,9 also auf 195,9 km beim Abzweig der Klützer Quehrfahrt.
Mit der Investition solle künftig wieder eine nahezu ganzjährige durchgängige Fahrrinnentiefe von 180 cm zur Verfügung gestellt werden, betonte der stellvertretende Infrastrukturminister Marek Grobarczyk. Die geplanten Bauarbeiten würden auf der Höhe von Slubice und Gozdowice durchgeführt werden. Im Ergebnis des Projekts könne die Durchführung des Eisaufbruches an der Grenzoder zum Schutz vor Überflutungen aus Eishochwassern deutlich besser gewährleistet werden, indem künftig an mindestens 240 Tagen im Jahr eine Mindesttauchtiefe von 1,80 m für die schweren Kopfeisbrecher hergestellt werde.
Die Gesamtprojektkosten betragen 470 Mio. Zloty (103,3 Mio. €). Die im Rahmen der Kofinanzierung vom Zentrum für EU-Verkehrsprojekte bereitgestellten EU-Mittel belaufen sich auf 211,6 Mio. Zloty (46,6 Mio. €) Zloty. Der Rest der Mittel wird von der Weltbank kommen. Die Ausschreibungen laufen und die Vertragsunterzeichnung mit dem Bauunternehmer ist für das 1. Quartal geplant. Die Investition soll im ersten Halbjahr 2023 abgeschlossen sein.
Der Oderverein begrüßt, dass sich die polnische Regierung nicht durch die Proteste aus Deutschland hat beeinflussen lassen, sondern die Modernisierung der Oder wie geplant durchziehen will. Alle, die am Gütertransport interessiert seien, könnten sich freuen, dass ab 2023 wieder wirtschaftlich betriebene Binnenschifffahrt auf der Oder möglich sein werde.
In der zweiten Kalenderwoche unterzeichnete Wody Polskie einen Bauvertrag mit Strabag für die Rekonstruktionen der über 100 Jahre alten Straßenbrücke Krosno Odrzankie (Crossen an der Oder), Okm 512,6. die um fast 2 m angehoben werden soll, um die 5,25 m über dem HSW zu erreichen. Das 146 m lange Bauwerk ist die einzige Straßenüberführung auf einer Flussstrecke von über 100 km Länge.
Auch an der Eisenbahnbrücke Podjuchy, die bei Szczecin (Stettin) über die Oder führt, wird mit den Arbeiten für einen Ersatzneubau begonnen. Die Baudurchführungsvereinbarung ist im Dezember 2020 unterzeichnet worden. Bisher stellt die Klappbrücke eine Beschränkung der Schiffsmaße auf der Oder und für Transporte von Schwedt nach Szczecin dar.
Zu den vorrangigen Bauvorhaben der Verkehrsminister der Visegrad-Gruppe (V4: Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) gehören der Bau der transkontinentalen Straßenverbindung Via Carpatia (von Klaipeda nach Thessaloniki), des Donau-Oder-Elbe-Kanals und von Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecken, die Europa mit den Hauptstädten der V4-Länder verbinden.
Die V4-Verkehrsminister hätten ihre Zustimmung zu den vorrangigen Projekten gegeben, die als Ergebnis der Überarbeitung im Jahr 2023 in die TEN-T-Netzkarte aufgenommen werden sollten, so das Ministerium.