Kiebitzberg
Blick in die große Schiffbauhalle, in der Elektroschiffe und Katamaranrümpfe für Yachten gebaut werden (© Kiebitzberg)
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Der Schiffbaubetrieb in Havelberg ist gut im Geschäft und fertigt verschiedene Schiffs- und Bootstypen im Angebot. Zuletzt sind elektrisch betriebene Caravan-Boote dazugekommen. Vier werden bereits gebaut, 22 weitere sind bestellt.
Von Christian Knoll

Es ist mittlerweile 22 Jahre her, dass An dreas und Renate Lewerken die abgewirtschaftete und damals insolvente Werftbrache von der Treuhand übernahmen. Jahrhundertelange Schiffbautradition dem endgültigen Aus preiszugeben, war für den Havelberger Unternehmer keine Option. Gemeinsam mit drei Werft-Urgesteinen, dem Schiffbau- meister Ulrich Ahrens, Schiffbauer Volker Alvensleben und Schiffselektriker Ralf Mikosch machten die Lewerkens sich an die Arbeit:

Das 28.000 m² große Gelände aufräu- men, historische Gebäude entkernen und für die neue Nutzung ausstatten, eine zeitgemäße Produktion mit Maschinen und Anlagen für den Schiffsinnenausbau konzipieren und errichten. Natürlich wurde auch für den Schiffsneubau und für Schiffsreparaturen erfolgreich akquiriert.

Die Kiebitzberg-Schiffswerft ist heute bei Baunummer 375 seit Wiederaufnah- me des Schiffbaus im Jahre 1998 angelangt. Diese Zahl umfasst 22 verschiedene Fahrgastschiffs- und Bootstypen, Privatyachten und schwimmende Bauten. Darunter befinden sich auffallende Fahrgastschiffe wie die »Baltic Star« in Form eines Mississippi-Dampfers oder die »Suncat«-Schiffe mit Solarantrieb oder ein Elektro-Solar-Forschungsschiff für Wasser- und Bodenuntersuchungen auf dem Scharmützelsee bei Bad Saarow, seegehende Trawler sowie Aqua-Cabriotypen für verschiedene Auftraggeber. Für etliche Produkte wurden Warenzeichen eingetragen.

Die Aktuelle Coronakrise geht an der Branche und auch an den Kunden der Werft nicht spurlos vorüber. Der im Sommer abgelieferten »Suncat 120« für die SolarCircle-Line folgte zwei Monate später das zweite Schiff. Doch beide Schiffe kamen nicht oft zum Einsatz, die gesamte Berliner Fahrgastschifffahrt war von Lockdown schwer getroffen, von Insolvenzen ist schon die Rede. Aber das betrifft nicht die Schiffswerften, vor allen nicht jene, die neue Schiffe bauen.

Bei Kiebitzberg stehen Innovationen immer im Fokus. Die Werft ist sehr zeitig in den leichtgängigen Aluminiumschiffbau eingestiegen, befasst sich mit vortriebsleichter Katamaranbauweise und innovativen Antrieben. Elektroschiffe sind die Zukunft, gerade für Tagesfahrten, heißt es auch auf der Kiebitzberg Werft. »Sie entsprechen den Umweltanforderungen in Bezug auf Energieverbrauch und Energiequelle, sind flüsterleise und wesentlich vibrationsärmer als Schiffe alter Bauart«, sagt Werftchef Andreas Lewerken.

Ihm zur Seite steht als kongenialer Partner sein Sohn Florian Lewerken. Der 38-Jährige leitet die technische Umsetzung und bereitet sich auf den Generationenwechsel vor. Gemeinsam entwickeln sie die Produktpalette. »Je mehr Zeit wir gemeinsam arbeiten, umso einfacher wird es, wenn meine Eltern sich irgendwann einmal aus der Firma zurückziehen«, sagt der Junior.

Auf der Werft war im vergangenen Jahr einiges zu tun. Im Sommer wurde eine kleine Elektrofähre für die Insel Kyritz abliefern. Arbeits- und Freizeitboote aus Aluminium entstehen fortlaufend. Bei besonderen Kundenwünschen werden konstruktiv besondere Angebote entwickelt, so Senior-Chef Andreas Lewerken.

Seit einigen Jahren hat sich die Havel- berger Werft auch mit Schwimmstegen und -inseln aus Aluminium einen guten Na-men gemacht. Beispiele sind die Landesgartenschauen in Baden-Württemberg und in Sachsen-Anhalt.

Für den Firmenchef gab es 2019 „eine besondere Herausforderung und Attraktion. »Für den Wellnesspark Bad Sinsheim haben wir eine futuristische schwimmende Sauna gebaut, über die sogar im Fernsehen berichtet wurde. Mit diesem Projekt haben wir für unsere Werft eine neue Sparte geöffnet.« (https://youtu.be/wUBwzzVC4BU)

Die Werft-Crew freute aber auch, auch wenn sie mal wieder konventionellen Stahlschiffbau betreiben kann: Seit dem Spätsommer lag die Elbfähre Sandau auf der Slipanlage. Bei der umfangreichen Landrevision wurde die Fähre für die Unterstützung des Gierseil-Antriebs zusätz-lich mit zwei Schottel-Antrieben ausgestattet. Sie geben bei geringer Niedrigwasserströmung etwas mehr Vortrieb.

Bei der Inspektion stellte sich ein Maschinenschaden an Motorblock und Zylinderkopf heraus, die eine Revision des Motors erforderlich machte. Im Januar ging die Fähre modernisiert wieder in Betrieb.

»Wir beobachten sehr genau die Entwicklungen und Trends im wassertouristischen Freizeitmarkt. Hier hat sich mit trailerbaren, wendigen Hausbooten, sogenannten Caravanbooten, ein neuer Markt etabliert«, berichtet Lewerken. Diese Boote können ohne großen Aufwand mit einem Trailer direkt zum Einsatzort transportiert werden. Die Werft hat einen eigenen Bootstyp entwickelt. Es handelt sich um einen leichter Monohull (Einrümpfer) mit Außenbordantrieb oder Elektroantrieb und sehr viel Rundumsicht. Und natürlich mit einer komfortablen Innenaussstattung, wie von Kiebitzberg nicht anders gewohnt. ?

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In der kleinen Schiffbauhalle werden Caravan-Wohnboote gefertigt (© Kiebitzberg)
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Der Prototyp einer schwimmenden Sauna für einen Wellnesspark in der Stadt Bad Sinsheim (© Kiebitzberg)
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Das erste elektrisch Caravan-Wohnboot von Kiebitzberg auf Probefahrt auf der Kyritzer Seenkette (© Kiebitzberg)