Mit elektrisch betriebenen Schubschiffen und KI-gesteuerter Routenplanung will die Schleppreederei Kotug neue Angebote in der Binnenschifffahrt schaffen.
Drei Einheiten unterschiedlicher Größe stehen für die City-Logistik oder Flusstransporte zur Verfügung. Im niederländischen Leiden läuft bereits das erste Projekt. Ein elektrisches Schubboot rangiert einen Leichter mit Industrieabfällen über die Grachten. Ersetzt werden damit Lkw, die sich zuvor durch die schmalen Gassen quälen mussten und dabei für Lärm und schlechte Luft gesorgt haben. Stattdessen werden die Abfälle jetzt über die bestehenden Kanäle abtransportiert.
Das Angebot soll noch ausgeweitet werden. Vorstellbar sind auch Warentransporte zwischen Hubs am Stadtrand und der Innenstadt, die mit Elektrofahrzeugen oder Fahrrädern verteilt werden. Das Konsortium »CityBarge« zielt dabei auch auf den Einzelhandel ab und wird von der Provinz Süd-Holland im Rahmen des Investitionsprogramms »Invest to Innovate« unterstützt.
In diesen Markt will auch Kotug vordringen. Bislang war das Unternehmen aus der Schleppschifffahrt bekannt und in nahezu allen wichtigen europäischen Seehäfen aktiv. Künftig wolle man die weltweite Energiewende und die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die (Binnen-)Wasserstraßen unterstützen und gleichzeitig die wachsende Nachfrage nach elektrisch betriebenen Schiffen bedienen, erklärt Kotug.
Für den Aufbau der Binnenschifffahrtsaktivitäten hat das Schlepunternehmen eine Reihe modularer und skalierbarer elektrischer Schubboote entwickelt, die sogenannte »E-Pusher«-Serie. Im Programm sind derzeit drei Modelle mit einer Länge von 5,5 m bis 22 m bei einem maximalen Tiefgang von 0,45 m bis maximal 1,35 m – 30 % weniger als bei herkömmlichen Schubschleppern.
Die Energieversorgung stammt austauschbaren »Energiecontainern an Deck. Für einen intelligenten Betrieb will Kotug zudem das Dispositions-, Routen- und Reporting-Tool »OptiPort« einsetzen, das auf historischen und Echtzeitinformationen basiert und Hafen- und Terminalinformationen mit Daten aus dem Schiffsbetrieb verbindet. Das Tool soll die Betreiber solcher Logistik-Dienste bei der Optimierung Fahrtzeiten, bei der Routenführung und der Geschwindigkeitskontrolle unterstützen, was zu einem Energieeinsparungen führen und »Just-in-Time«-Lieferungen ermöglichen soll.
Dieses System werde bereits von Schiffsbetreibern in Australien, Japan, den Vereinigten Staaten, Kanada, Belgien und den Niederlanden genutzt. In Leiden kommt der mit 5,5 m Länge kleinste E-Pusher von Kotug zum Einsatz, der in Partnerschaft mit Circle Line Logistics betrieben wird.
Dank dem modularen Ansatz könne die Bauzeit im Vergleich zu herkömmlichen Schiffen um mehr als 25 % reduziert werden, erklärt Kotug.
Ebenfalls zusamen mit Partnern seien verschiedene Energiecontainer entwickelt worden, die die benötigte Leistung wahlweise mit einem Stufe-V-Diesel, mit Hilfe von Batterien, aus (Bio)Gas oder künftig auch aus Wasserstoff erzeugen.
»Der Binnenschifffahrtsmarkt bietet eine große Chance für nachhaltige Logistiklösungen«, sagt Ard-Jan Kooren, CEO von Kotug International. »Für uns ist es ein Schritt vorwärts in unserem Bestreben, beim Übergang zu einer emissionsfreien maritimen Industrie mit adabei zu sein.«
Die bislang in Leiden gemachten Erfahrungen stimmen optimistisch. »Mit Renewi haben wir einen sehr erfahrenen und innovativen Partner an Bord, der für die Sammlung und Aufbereitung der Abfälle verantwortlich ist und bleiben wird«, sagt Geert-Jan van der Wielen, Direktor von Kotug CityBarge. Mit im Boot ist auch ZoevCity, das kleine elektrische Müllwagen einsetzt, um den Abfall zum Schubschiff und zum speziell von CityBarge entwickelten Abfallcontainer zu transportieren. Beteiligt sind zudem Bouwmaterialen Nederland (BMN) und CityHub, die geeignete Umschlagplätze am Wasser bereitstellen.
»Für uns als Renewi ist die Sammlung von Abfällen und Rohstoffen ohne CO?-Emissionen eine große Herausforderung«, sagt Zitat Renewi. Man wolle eine Vorreiterrolle bei der Reduzierung der Umweltverschmutzung einnehmen, wobei der Schwerpunkt auf städtischen Gebieten und Städten liegt. »Zusammen mit der Kotug CityBarge und der Stadt Leiden hoffen wir, einen großen ersten Schritt zu machen«. In der Stadtverwaltung Leiden denkt man noch einen Schritt weiter: Die Lebensqualität und Erreichbarkeit des Stadtzentrums sollen mit weiteren City-Logistik-Konzepten erhöht werden. RD
Leiden als Modellstadt
Mit dem Pilotprojekt in Leiden wollen CityBarge und Renewi den Abfalltransport auf dem Wasser in der Praxis demonstrieren. Dabei wird nicht nur geprüft, ob Transporte reibungslos erfolgen kann, sondern auch, welcher konkrete Nutzen nachzuweisen ist. Ziel ist es, das Projekt nicht nur auf die gesamte Innenstadt von Leiden, sondern auch auf andere Städte wie Amsterdam auszudehnen.