Schornstein, Emissionen, Dione
Ein geringer Schadstoffausstoß eines Binnenschiffes kann künftig mit einem Zertifikat belegt werden (© Selzer)
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Künftig können Schiffseigner in den Niederlanden ein neues Emissionszertifikat beantragen. Damit belegen sie nicht nur den Schadstoffausstoß gegenüber ihren Kunden, sondern könnten sogar Geld im Hafen sparen. Von Hermann Garrelmann

Erst vor gut einem Jahr hatte Khaled Tachi, Direktor des EICB (Kompetenz- und Innovationszentrum für die Binnenschifffahrt), seine Idee von einer klaren Kennzeichnung für die Umweltfreundlichkeit von Schiffen vorgestellt. Als Teil des niederländischen »Green Deal» fiel diese Label-Idee auf fruchtbaren Boden. In Zusammenarbeit zwischen dem EICB und dem zuständigen Infrastruktur-Ministerium in Den Haag sowie in Absprache mit weiteren Interessengruppen aus dem maritimen Sektor wurde wurde das neue Zertifikat vor wenigen Tagen eingeführt.

Eines der Hauptziele sei es, dem Schiffsführer ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem er anhand der tatsächlichen Emissionen nachweisen kann, wie umweltfreundlich sein Schiff ist. Die Vergabe des Umweltlabels wird von der SAB (Stichting Afvalstoffen en Vaardocumenten Binnenvaart) im Auftrag des Ministeriums übernommen.

Zertifikat, Niederlande, Umwelt
Ein geringer Schadstoffausstoß eines Binnenschiffes kann künftig mit einem Zertifikat belegt werden (© Garrelmann)

Viele Schiffe sind längst noch nicht mit einem ZKR-II-Motor, geschweige denn mit einem emissionsarmen Motor der EU-Stufe V ausgestattet. Auf vielen fahrenden Einheiten lassen sich aber durch Abgasnachbehandlungstechniken vergleichbar niedrige Schadstoffwerte erreichen. Andererseits gibt es inzwischen etliche Schiffe, die mit einem hohen Anteil an HVO oder anderen Biokraftstoffen fahren, deren Beitrag zur CO?-Reduzierung aber nicht anerkannt wird. Mit dem neuen Umwelt-Zertifikat soll sich das ändern und für die Eigner auch auszahlen.

Das Label besteht aus zwei Teilen: einem Buchstaben und einer Zahl. Der zugewiesene Buchstabe gibt den Zustand in Bezug auf die Klimaemissionen an. Die zahlenbezogene Einstufung zeigt, wie gut die Luftqualität des Schiffes in Bezug auf die ZKR II und Stufe V ist. Ein Schiff mit dem Label A0 kann demnach als klimaneutral und emissionsfrei angesehen werden, ein Schiff mit der Kennzeichnung E5 befindet sich dagegen am unteren Ende des Spektrums.

Das Emissionslabel kann für Frachtschiffe, Fahrgastschiffe und jede Art von schwimmenden Geräten beantragt werden. Historische Schiffe gehören zwar nicht zur Zielgruppe, fallen aber prinzipiell ebenfalls unter die neue Bewertung.

»Das Gütesiegel bietet den Schiffern eine einfache Möglichkeit zu zeigen, wie gut ihre Schiffe in Bezug auf CO?-, NOx- und Feinstaub-Emissionen abschnei­den«, sagt Barbara Visser, scheidende Ministerin für Infrastruktur und Wasserwirtschaft. Somit soll das Label mehr Nachhaltigkeit in der Binnenschifffahrt bewirken. »Wir werden die Ergebnisse des Siegels innerhalb von zwei Jahren auswerten«, sagt Visser.

Kein Eigner ist jedoch verpflichtet, das Label zu führen, die Zertfizierung erfolgt auf rein freiwilliger Basis. Ob also in »grüne« Technik zur Verringerung des Schadstoffsaustoßes investiert wird, kann jeder Schiffer selbst entscheiden. Marktteilnehmer wie Häfen, Verlader und Banken haben aber bereits signalisiert, die per Siegel dokumentierte Umweltfreundlichkeit eines Schiffes belohnen zu wollen. Noch laufen Gespräche zwischen der Regierung und potenziellen Partnern, wie ein entsprechendes Bonus-System, zum Beispiel bei Liegegebühren, aussehen könnte.

Bislang wird nur Inhabern des so genannten »Green Award«, der von der gleichnamigen Stiftung erteilt wird, ein Nachlass eingeräumt. Dieses Zertifikat hat bei Erfüllung der Anforderungen, die durch ein umfangreiches Audit dokumentiert werden, eine Laufzeit von drei Jahren und ist mit Gebühren zwischen 700 € und 1.425 € verbunden. Bislang wurde es an knapp 900 Binnenschiffe vergeben. Gut 30 Häfen gewähren ihnen einen Rabatt.

Antrag über Online-Portal

Das Verfahren zur Beantragung des (staatlichen) Emissions-Labels ist einfach gehalten. Über ein spezielles Portal im Internet kann alles schnell und reibungslos online erfolgen. Daten über die Anzahl der Motorstunden, den Kraftstoffverbrauch und weitere Informationen können hochgeladen werden. Es entstehen keine Kosten für den Antrag oder die Ausstellung des Labels selbst. In bestimmten Fällen sind jedoch Emissionsmessungen erforderlich. »Darum muss sich der Antragsteller selbst kümmern«, sagt Cees Kleiberg, Direktor der SAB.

Das Zertifikat ist für Motoren ab 19 kW auf Frachtschiffen von mindestens 20 m Länge, für Fahrgastschiffe und schwimmende Geräte bestimmt. Wenn ein Motor zum Zeitpunkt der Beantragung des Labels mehr als 10.000 oder 20.000 Betriebsstunden aufweist (je nach Vorhandensein eines Nachbehandlungssystems), müssen zusammen mit dem Antrag die Ergebnisse von Emissionsmessungen eingereicht werden. Dafür sind drei Unternehmen zugelassen – die sgs logo in Spijkenisse, die Tauw BV in Amsterdam sowie die KW3 in Veenendaal.

Es wird dabei der gewichtete Durchschnitt der an Bord befindlichen Motoren verwendet. Um die Kennzeichnung aufrecht zu erhalten, müssen die Messungen nach jeweils 10.000 Betriebsstunden wiederholt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Label die tatsächlichen Emissionen widerspiegelt. Darüber hinaus müssen vierteljährlich Daten zum Kraftstoffverbrauch und zum Harnstoffverbrauch gemeldet werden.

Die Informationen auf dem Portal (www.binnenvaartemissielabel.nl) sind auf Niederländisch und Englisch verfügbar. Nachdem der Antragsteller ein Nutzerkonto angelegt hat, kann das Schiff hinzugefügt und der Antrag gestellt werden. Eine Aktualisierung der Daten erfolgt an gleicher Stelle.

Das zugewiesene Label wird in Form eines digitalen oder auch eines Papierzertifikats ausgestellt. »Bei Bedarf kann auch eine Flagge mit aufgedrucktem Label erworben werden, um die eigenen Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit deutlich für alle sichtbar zum machen«, sagt Cees Kleiberg.

EICB, Khaled Tachi
Khaled Tachi, Direktor des EICB, stellte jüngst die Matrix für das neue Umwelt-Label vor (© Garrelmann)