Wenn künftig per Gesetz Bauvorhaben vereinfacht und beschleunigt werden, bleiben die Wasserstraßen außen vor. Der BDB ist entsetzt.
Aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt ist es »ein Schlag ins Gesicht« für die Industrie, die unter anderem am Rhein ihre Logistik auf eine gut ausgebaute und verlässliche Infrastruktur ausgerichtet haben. Denn im Bundesverkehrsministerium besteht offenbar kein »überragendes öffentliches Interesse« an einem Ausbau der Flüsse und Kanäle. Das geht aus dem von Minister Volker Wissing vorgelegten Gesetzentwurf zum beschleunigten Genehmigen und Planen hervor.
Während allein im Fernstraßenbereich 148 Bauvorhaben und im Schienenbereich rund 60 Maßnahmen per Gesetz schneller umgesetzt werden sollen, sei im Wasserstraßenbereich kein einziges beschleuigtes Projekt vorgesehen – weder an der Küste, noch im Hinterland.
Versprechungen für Wasserstraßen vergesssen?
Noch im August vergangenen Jahres hatte Wissing im Zusammenhang mit der Fahrrinnenvertiefung am Mittelrhein gemeinsam mit Spitzenvertretern der Industrie eigens eine »Beschleunigungskommission« gegründet. Noch im November hatte der FDP-Politiker von »einem der wichtigsten Projekte im Bundesverkehrswegeplan« gesprochen. Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel-Regierung Ende 2021 noch verheißungsvoll verkündet: »Wir werden Sanierung und Ausbau von Schleusen beschleunigen, den Schifffahrtsanteil im Güterverkehr steigern und dazu die Hinterlandanbindungen stärken.«
Von diesen Absichten ist offenbar nichts übrig geblieben, beklagt der BDB. »Es ist in keinster Weise nachzuvollziehen und bleibt auch ohne Begründung, weshalb im Genehmigungsbeschleunigungsgesetz kein einziges Wasserstraßenprojekt zu finden ist«, so Geschäftsführer Jens Schwanen.
Gerade im Hinblick auf die Versorgungssituation der Stahl-, Chemie- und Mineralölindustrie mit wichtigen Rohstoffen für den Wirtschaftsstandort Deutschland sei ein schnelleres Planen und Bauen, etwa am Rhein und im Kanalgebiet, zwingend. Auch die Bevölkerung profitiert unmittelbar von einer verlässlichen Güterschifffahrt, etwa bei der Versorgung mit Benzin, Diesel und Heizöl oder der Belieferung von Energiekraftwerken.
Diese Transporte als ein »nicht im überragendes öffentliches Interesse« abzuqualifizieren, werde der Bedeutung des Verkehrsträgers in keiner Weise gerecht, kritisiert der BDB. Der offenbar stark fernstraßenorientierte Minister werde sich wundern, wenn Baustoffe, Agrargüter oder Futter- und Düngemittel, die derzeit per Schiff transportiert werden, demnächst auf der überlasteten Straße landen. »Deutschlands Klimaschutzziele werde er mit dieser Verkehrsstrategie mit Sicherheit nicht erreichen«, sagt Schwanen.
Mit dem geplanten Gesetz sollen Maßnahmen im Fernstraßen- und Schienenbereich als »im überragenden Interesse stehend« und »der öffentlichen Sicherheit dienend« eingestuft werden. Dadurch soll eine erleichterte Prüfung naturschutzfachlicher Angelegenheiten gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz möglich werden. Dieses Vorgehen wird aus dem LNG-Beschleunigungsgesetz übernommen, nachdem gerade beim Bau von schwimmenden Terminals an der Küste zuletzt gute Erfahrungen gesammelt werden konnten.