Mehr Güter, häufige Niedrigwasser-Phasen, Strukturwandel: Was ist zu tun, um Binnenschiff und Wasserstraßen für die Zukunft zu positionieren?
Diese Themen standen im Mittelpunkt eines Parlamentarischen Abends im Bayerischen Landtag. Eingeladen hatten der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), der Deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein Rhein-Main-Donau e.V. (DWSV) sowie das OstWestWirtschaftsForum Bayern e.V. (OWWF).
Häufigere und intensivere Niedrigwasserperioden, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges sowie der prognostizierte Strukturwandel im Güterverkehr: Die Binnenschifffahrt sieht sich derzeit mit einer Reihe großer Herausforderungen konfrontiert. Laut der jüngsten Verkehrs-Langfristprognose wird der Güterverkehr in Deutschland bis zum Jahr 2051 um 46% auf 990 Mrd. tkm anwachsen. Bei der Betrachtung der einzelnen Verkehrsträger werden allerdings nur der Lkw und die Bahn ihre Anteile steigern. Dagegen stagniert die Binnenschifffahrt und wird in den politischen Debatten derzeit wenig bis gar nicht bedacht.
»Wasserstraßen – Stiefkind oder Alternative?« war daher kein zufällig gewählter Titel für die Veranstaltung, bei der Vertreter der Wirtschaft auf Gäste aus der Politik trafen. Denn vor dem Hintergrund der prognostizierten Verdopplung des Güterverkehrs könnte das Binnenschiff eine wichtige Rolle im trimodalen Güterverkehr spielen und mit seinen Kapazitäten zur Krisensicherheit sowie zur Entlastung von Straße und Schiene beitragen.
Industrie auf Wasserstraßen angewiesen
Mit anderen Worten: »Die Binnenschifffahrt kann ein wichtiger Teil zur Lösung vieler Probleme sein«, wie Martin Staats, Präsident des BDB und Vorstand der Genossenschaft MSG aus Würzburg, in seinem Grußwort betonte. »Ohne eine vermehrte Verlagerung von Güterverkehren auf das umweltfreundliche Binnenschiff sind die ambitionierten nationalen und europäischen Klimaziele nicht zu erreichen. Auch die rohstoffintensiven Unternehmen der Chemie-, Stahl, Kraftwerks- und Mineralölindustrie sind in Zukunft auf eine funktionierende und verlässliche Wasserstraßen-Infrastruktur angewiesen.«
Zunehmend häufigere Niedrigwasserperioden lösen einen dringenden Anpassungsbedarf der Infrastruktur aus, insbesondere am Mittelrhein und der Donau. Wichtige Wasserstraßenprojekte, vor allem jene mit Engpassbeseitigungscharakter und hohem volkswirtschaftlichen Nutzen, müssten daher mit Top-Priorität umgesetzt werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren auch im Bereich der Bundeswasserstraßen sollten endlich deutlich gestrafft werden, forderte Staats. »Wir erwarten, dass die Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel unserem Verkehrsträger endliche die politische Aufmerksamkeit schenken, die der Systemrelevanz des Systems Wasserstraße angemessen ist«, so Staats.
Mehr Ressourcen für die Wasserstraßen
»Die Wasserstraßen brauchen dringend eine Erhöhung der finanziellen und personellen Ressourcen und dürfen bei der Beschleunigung der Planungsverfahren nicht vergessen werden«, ergänzte Michael Fraas, Vorsitzender des DWSV. Die Kürzung des Wasserstraßen-Etats durch den Bund um rund 360 Mio. € sei absolut kontraproduktiv. So werde der Flussausbau verlangsamt statt beschleunigt, weil Ausschreibungen für mehrjährige Projekte nicht mehr erfolgen könnten. »Gäbe es die Wasserstraßen Main und Donau nicht, hätten zahlreiche Unternehmen Ihre Arbeitsplätze längst ins Ausland verlagert«, so Fraas.
Als hochrangiger Vertreter aus der bayerischen Staatsregierung kam Verkehrsminister Christian Bernreiter mit einem digitalen Grußwort zu Wort. Er bekräftigte, dass die Schifffahrt in Bayern als umweltfreundliches Transportmittel eine große Rolle spiele. »Für einen nachhaltigen und klimafreundlichen Verkehr müssen wir noch mehr Güter auf umweltfreundlichere Verkehrsträger wie die Wasserstraße verlagern.«
Der Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, Thomas Grube, versprach in seiner Keynote Unterstützung aus München gegenüber Berlin. »Bayern drängt den Bund, den Ausbau der Donau-Wasserstraße zwischen Straubing und Vilshofen zügig voranzutreiben.« Außerdem wolle der Freistaat die Wasserstraßen bestmöglich mit den anderen Verkehrsträgern vernetzen. Der bayernhafen-Gruppe seien 50 Mio. € für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung gestellt und die kommunalen Häfen mit rund 10 Mio. € gefördert worden.