Es kursiert eine Anekdote in einschlägigen Kreisen, und die geht so: Es war einmal eine kommunale Behörde in Süddeutschland, zuständig für die Genehmigung von Schwertransporten. In einem zum Download angeboten Formular soll diese Verwaltung die Option, das Binnenschiff als Verkehrsmittel zu wählen, vorsorglich schon mal ausgekreuzt, sprich ausgeschlossen haben. Frei nach dem Motto: Gibt es nicht. Klingt lustig, man hört geradezu den Amtsschimmel wiehern. Ist es aber nicht. Denn diese Behörde entließ potenzielle Verlader ohne Not aus der Verantwortung, alle Optionen zu erwägen.
Nicht überliefert ist, ob das Formular noch existiert. Fakt ist hingegen, dass der Transport von sperrigen und schweren Gütern noch viel zu selten übers Wasser und stattdessen wider jede Vernunft und selbst entgegen betriebswirtschaftlichen Überlegungen über die Straße erfolgt, obwohl ständig marode Brücken für zu große Traglasten gesperrt werden und der übergroße oder überlange Lkw immer häufiger weite und teure Umwege nehmen muss.
Nun unternimmt, nach jahrelangem Drängen der Branche, das Bundesverkehrsministerium den Versuch, Verlader und Spediteure auf den rechten Pfad zurückzuführen. Natürlich gibt es längst Anlagenhersteller, die die Vorzüge des Binnenschiffs zu schätzen wissen. Mit einem neuen Förderprogramm will Berlin nun aber auch die Zögerer und Unwissenden davon überzeugen, Schwerlasttransporte entgegen bisherigen Gepflogenheiten auf anderen Wegen von A nach B zu bringen.
Der CSU-Politiker Andreas Scheuer hatte, als Vorgänger des heutigen FDP-Bundesverkehrsministers Volker Wissing, vor gut zwei Jahren bereits einen ersten Versuch unternommen und dafür sogar 10 Mio. € aus seiner Schatulle gezaubert. Unter anderem aus Mangel an Zeit und Vorbereitung war dieser Vorstoß damals versandet. Nun also, auf ein Neues.
Bemerkenswert ist, dass Robert Habeck, Wissings Amtskollege im Wirtschaftsministerium, diese Verlagerung im Zuge der Energiewende ebenfalls propagiert und seither beide Ressorts angeblich in trauter Einigkeit an einem Strang ziehen. Zur Erinnerung: Es waren Habecks grüne Parteifreunde, die erst jüngst gegen die Aufnahme von Wasserstraßen-Projekten in die Liste der zu beschleunigenden Verkehrsvorhaben votiert hatten …
Insgesamt 2 Mio. € im Budget sind deutlich weniger als noch zu Scheuers Zeiten. Maximal 200.000 € an Förderung für jedes Unternehmen, das regelmäßige Linienverkehre für schwere Güter aufsetzen will, sind auch nicht unbedingt die Welt. Das liegt an den Subventionsvorschriften der EU.
Erschwerend für alle willigen Akteure kommt hinzu, dass jegliche Projektladung, das steckt schon im Begriff, in aller Regel nicht in einem steten Strom anfällt, sondern eher punktuell, abhängig von der Auftragslage der Hersteller. Aber es ist ein Anfang und ein wichtiges Signal aus Berlin an die Branche, dass man, nach den vielen Nackenschlägen in der jüngeren Vergangenheit, das System Wasserstraße und ihr Potenzial noch nicht gänzlich abgeschrieben hat.
Krischan Förster