Liniendienst auf der Donau geplant

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In Österreich spielt die Binnenschifffahrt bisher eine eher untergeordnete Rolle im Transportwesen. Um mehr Güter über die Donau zu befördern, wird ein Containerliniendienst in Betracht gezogen

In Österreich spielt sich das Gros des Güterverkehrs auf Schiene und Straße ab. Die Binnenschifffahrt mit ihren Möglichkeiten hat einen eher bescheidenen Anteil am Modal-Split des Gesamtverkehrs mit gerade mal 2,5%. Dabei haben gerade Europas Binnenwasserwege im Hinterland ein enormes Potenzial für die Aufnahme von Gütertransporten. Es gibt viele Argumente gegen den Gütertransport auf dem Wasser, die teils berechtigt sein mögen. Eines ist das der kritischen Masse, die notwendig ist, um beispielsweise regelmäßige Verkehre abzuwickeln. Doch wenn es um die Einhaltung der viel zitierten Klimaziele geht, sollten in jedem Fall mehr Güter auf Binnenwasserstraßen verlagert werden.

Im Projekt CEE Riverbridge wurde das Thema »geringe Masse« kritisch auf den Prüfstand gestellt. Das Projekt, vom österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) im Rahmen der Förderschiene Martec II finanziell unterstützt, geht der Frage nach, was getan werden muss, damit ausreichend Volumen vorhanden sind, um Verkehre nach Fahrplan auf das Wasser zu bringen. Dieses Projekt befindet sich derzeit in einer Übergangsphase zum Pilotbetrieb. Das heißt, es werden aktuell Investoren gesucht, die sowohl das notwendige »Kleingeld« für die entsprechenden Infra- und Suprastrukturmaßnahmen mitbringen als auch die notwendige kritische Masse bereitstellen, um einen rentablen Betrieb zu entwickeln, wie es Matthias Prandtstetter, Senior Scientist beim AIT Austrian Institute for Technology erklärt. Er und Benjamin Biesinger haben das Projekt unter dem Dach der AIT koordiniert.

Die grundlegende Idee ist es, einen Liniendienst nach Fahrplan entlang der Donau zu initiieren, um mehr Container, Sattelauflieger, Trailer und Lkw auf das Wasser zu bringen. »Um das realisieren zu können, wurde ein Patent entwickelt, das es möglich macht, die genannten Transportmittel auf sogenannten Flats (eine Art Stahlpalette) zu platzieren und diese in einem eigens im Schubleichter oder Motorgüterschiff installierten Regal abzustellen«, beschreibt Prandtstetter die Vorgangsweise. Die Verladung im Hafen kann mittels eines klassischen Brückenkrans erfolgen, der mit einem Spreader für das Umladen der Container ausgestattet ist.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine Verlagerung der Transporte auf die Binnenwasserstraße wäre rentabel, da nicht mehr ein komplettes (Container)Schiff mit Transportgut bestückt werden muss, sondern jeder Stellplatz einzeln und nach Bedarf gebucht werden kann. Die kritische Masse für einen wirtschaftlichen Betrieb des Transports wird durch die Bündelung unterschiedlichster Transportmodi realisiert, ist Prandtstetter überzeugt. Dank fixem Fahrplan sind Transporte gut planbar.

Das Vorurteil, die Donau sei häufig aufgrund von Hoch- oder Niedrigwasser nicht schiffbar, kann leicht mit Fakten widerlegt werden: So war die Wasserstraße in Österreich im Jahr 2017 an 351 Tagen befahrbar. Hochwassertage gab es praktisch keine; nur wegen Eis war die Donau an 14 Tagen gesperrt. Folgt man der Vision des Physical Internet (PI) wäre es ein Leichtes, diese 14 Tage mit Schienen- oder Straßentransporten zu überbrücken. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil ist, dass die Transporte auf der Donau unbegleitet durchgeführt werden können. Auch wenn dies eine generelle Änderung der derzeit meist angewandten Transportlogistik bedeuten würde, nämlich Aufsplitten der Transporte in einen Vor-, Haupt- und Nachlauf, so bringt ein Liniendienst aus sozialer Sicht den großen Vorteil, dass Lkw-Fahrer nicht mehr mehrere Tage bzw. sogar Wochen nicht nach Hause kommen. Ganz im Gegenteil: Man könnte den Lkw-Aktivitätsradius auf ca. 80 bis 120km um den Hafen herum beschränken, sodass der Beruf des Lkw-Fahrers auf einen Acht-Stunden-Job reduziert werden kann, betont Prandtstetter.

Im Projekt CEE Riverbridge wurden mehrere Fragestellungen für eine erfolgreiche Implementation eines solchen Liniendienstes untersucht: Aufgrund der Datenlage und des beschränkten Förderbudgets wurde primär der aus österreichischer Sicht unmittelbar relevante Donauraum von Süddeutschland über Wien und Bratislava bis Budapest unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Das in diesem Korridor potenziell vorhandene Transportvolumen (und die daraus hochgerechnete Nachfrage) würden einen wirtschaftlichen Betrieb möglich machen. Prandtstetter: »Vor allem unter der Berücksichtigung, dass ein vollständiger Umlauf zeitlich möglich ist.«

Im Projektverlauf wurde ein Konstruktionsplan für den notwendigen Umbau eines Schubleichters erstellt, der sicherstellt, dass die Stabilität der Barge und die notwendige Lastverteilung am Boden des Schubleichters gewährleistet wird. Unter Berücksichtigung der Daten des Schubleichters wurde ein Schubschiff ausgewählt und der zu erwartende Energieverbrauch (und auch die zu erwartenden Betriebskosten) evaluiert. »Auch wurden die Infrastrukturvoraussetzungen in den ausgewählten Stromabschnitten untersucht und für mehr als ausreichend befunden«, betont Prandtstetter. Fazit: Die wirtschaftliche Machbarkeit eines regelmäßigen Liniendienstes sei gegeben.

Unabhängig vom Projekt CEE Riverbridge könnte und sollte das entsprechende Logistikkonzept auch auf anderen europäischen Binnenwasserstraßen angewendet werden. Der zu erwartende Anstieg an Transportvolumen bei gleichzeitig notwendiger Reduzierung an Treibhausgasemission verlange ein Umdenken in der Logistikbranche und letztlich einen Shift hin zu der noch immer eher stiefmütterlich behandelten Binnenwasserstraße, so die Erkenntnis bei diesem Projekt, bei dem neben dem AIT auch die Projektpartner FH OÖ Forschung & Entwicklung – Logistikum Steyr, Skillz Strategie und Beratung sowie Riga Garagen beteiligt waren.

So neu ist die Idee eines Liniendienstes freilich nicht. Schon in der Vergangenheit gab es in Österreich beispielsweise mit dem Combined Danube Service (DCS) die Überlegung zu einem Liniendienst, der sich allerdings nur auf den Transport von Containern konzentrierte. Das macht den Unterschied zum jetzigen Riverbridge-Konzept aus. In der Praxis fehlte es für DCS dann doch am notwendigen Transportvolumen und nach dem Ende der öffentlichen Förderung verschwand dieser Liniendienst sang- und klanglos von der Donau-Bildfläche.


Josef Müller