Kanalbrücke Ems ist im Plan

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Um eine Brücke aus den 1930er-Jahren sanieren zu können, muss der Lauf des

Dortmund-Ems-Kanals (DEK) bei Münster-Greven verlegt werden. Es ist eines der aufwendigsten Projekte im westdeutschen Kanalnetz

Der Dortmund-Ems-Kanal gilt als eine der wichtigsten künstlichen Wasser-straßenverbindungen Deutschlands. Er wird – wie alle übrigen Wasserstraßen des Westdeutschen Kanalnetzes – seit den 1980er-Jahren für die Begegnungen von Großmotorgüterschiff und Schubverband ausgebaut.

Im Zuge dessen müssen auch sämtliche kreuzenden Bauwerke wie Tunnel, Durchlässe oder Brücken an die neuen Abmessungen des Kanals angepasst werden. In vielen Losabschnitten ist das Kanalbett des DEK im Bereich der Südstrecke zwischen Dortmund und Bergeshövede bereits verbreitert und vertieft, Brücken und Düker dem Ausbauziel angepasst worden. Ziel ist es zudem, einen durchgängigen Kanalquerschnitt mit einer Wassertiefe von im Mittel 4m zu erreichen.

Die in den 1930er-Jahren errichtete Kanalbrücke Ems bei DEK-km 78,806N bei Münster-Greven soll im Rahmen dieses Ausbauziels erneuert werden. Für den Neubau ist die Erstellung eines Doppeltrogs bei laufender Schifffahrt geplant. Der erste Trog sollte ursprünglich direkt neben der bestehenden Kanalbrücke gebaut werden. Aufgrund des schlechten baulichen Zustands der Kanalbrücke Ems wurde nach einer Variantenuntersuchung eine Umfahrungsstrecke als wirtschaftlichste, risikominimierende Lösung festgelegt. Hierbei mussten auch natur-, arten- und denkmalschutzrechtliche Aspekte betrachtet werden.

Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Kanalbrücke Ems, bestehend aus den Firmen Köster, Gollwitzer, Meyer und SEH Engineering baut das Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) Datteln derzeit die Umfahrungsstrecke Kanalbrücke Ems. Abweichend von ersten Planungen wird der neue Stahltrog der Umfahrungsstrecke als Einfeldträger, d.h. ohne Pfeiler nur auf den Widerlagern liegend, hergestellt. Die lichte Weite beträgt nun 60m.

Bereits 2015 wurde mit der Baustelleinrichtung begonnen. Auf beiden Seiten der Ems wurden Baustellenzufahrten hergestellt, u.a. musste der Emsradweg umgelegt werden.

Nachdem dem Natur- und Artenschutz Rechnung getragen wurde, indem Fische und Muscheln aus der denkmalgeschützten alten Fahrt umgesiedelt wurden, konnte diese trockengelegt und verfüllt werden. Die zusätzlichen Flächen mussten hinzugenommen werden, um den Kanalquerschnitt an die Schleppkurven der erwarteten Großmotorgüterschiffe anzupassen.

Parallel zu den Erd- und Spezialtiefbauarbeiten sind umfangreiche Kampfmitteluntersuchungen /-sondierungen vorgenommen worden. Auf einer Montagefläche hinter dem südlichen Widerlage wurde der Brückenüberbau aus einzelnen Stahlelementen zusammengefügt. Diese wurden im Werk in Hannover vorgefertigt, mit 42 Schwerlasttransporten zur Baustelle geliefert und vor Ort verschweißt.

Im September vergangenen Jahres war es dann soweit: Der 2.110t schwere, 62,40m lange, 36m breite und 8,15m hohe Stahltrog machte sich langsam auf seinen Weg quer über die Ems, um drei Tage später sein vorläufiges Ziel zu erreichen: den Lückenschluss zwischen Süd und Nord, Stadt Münster und Kreis Steinfurt.

Der Verschub erfolgte mittels hydraulischer Zugvorrichtungen (Litzenheber) über das südliche Widerlager auf einer Stahlbetonverschubbahn und im Emsvorland über Stahlkastenträger gegründet auf Hilfspfeilern. Auf dem Montageplatz dienten Schwerlasttransportwagen (SPMT) als Unterstützung. Bedingt durch mehrere erforderliche Umbaumaßnahmen, wie Ballastierung, Ein-, Um- und Ausbau von Verschubschlitten, nahm der eigentliche Verschubvorgang mit seinen neun Phasen mehrere Tage in Anspruch. Ende September 2019 kam der Überbau in seiner vorläufigen, horizontalen Lage an.

Dieser Verschub, der einen herausragenden Schritt bei der Baumaßnahme für die bauzeitliche Umfahrung darstellt, ist für den Ersatz der alten Kanalbrücke zwingend erforderlich. Mit der Umfahrungsstrecke wird sichergestellt, dass der Neubau der Kanalbrücke ohne Einfluss auf den Schiffsverkehr ausgeführt werden kann. Das Ziel des Gesamtprojektes ist der Ersatz der in die Jahre gekommenen Kanalbrücke von 1935/36 durch einen Doppeltrog, von dem jeweils ein Trog zur Befahrung einer Fahrtrichtung dient.

Nach dem abgeschlossenen Längsverschub können der Kanalquerschnitt im Bereich des Montageplatzes inkl. Spundwänden fertiggestellt, die Trogwände auf der Südseite betoniert und der Stahltrog auf die richtige Höhe gebracht werden. Die Ablagerungsfläche zwischen Umfahrung und DEK, sowie die Flächen entlang der Umfahrungsstrecke werden profiliert und begrünt. An-schließend kann die endgültige Flutung der Umfahrung mit dem temporären Trogbauwerk erfolgen.

Die Fertigstellung der Baumaßnahme »Umfahrungsstrecke Kanalbrücke Ems« ist für 2021 vorgesehen, wobei diese aufgrund der vorhandenen Querdämme vom DEK noch nicht befahren werden kann.

Ausblick

Nach diesem Bauabschnitt folgen zwei weitere Bauaufträge, die zum einen den Anschluss der Umfahrungsstrecke an das Kanalnetz und zum anderen den Rückbau der alten Kanalbrücke inklusive Neubau des Doppeltroges beinhalten.

Zum Anschluss der gefluteten Umfahrung werden die trennenden Querdämme abgetragen und die Sohle entsprechend hergestellt. Nach der Inbetriebnahme der Umfahrungsstrecke werden Querdämme zur Absperrung der alten Kanalbrücke erstellt und der Bereich trockengelegt, sodass neben dem Abbruch und Neubau der endgültigen Doppeltrogbrücke auch der Abbruch des in diesem Bereich stehenden Sicherheitstors Gelmer im Trockenen erfolgen kann.

Zuerst wird für den späteren Doppeltrog nur eine Seite mit einem Stahltrog ausgestattet, in Betrieb genommen und die Umfahrungsstrecke stillgelegt. Der Umfahrungsstahltrog wird wiederverwendet, indem er als zweiter Trog parallel zum ersten Trog an die Stelle der alten Kanalbrücke quer verschoben wird.

Die zwei Tröge weisen jeweils eine Wasserspiegelbreite von 26m und eine Wassertiefe von 4,45m auf. Künftig werden so Schiffe aus entgegengesetzten Richtungen die Doppeltrogbrücke über die Ems befahren können. Außerdem wird es möglich sein, Inspektionen der Brücke durchzuführen, ohne dass dafür der gesamte Schiffsverkehr stillgelegt werden muss.


Autor: Dirk Bölling, Sachbereichsleiter Kanalbrücken, Brücken und Düker beim Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) Datteln