Startschuss in Niederfinow rückt näher

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Am neuen Schiffshebewerk Niederfinow kommt der Probebetrieb langsam in Sicht. Die erste Trogfahrt war erfolgreich, das letzte großte Bauteil ist eingesetzt

Wegen der anhaltenden Coronakrise gab es die jüngsten Erfolge am neuen Schiffshebewerk in Niederfinow unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wo doch sonst täglich Hunderte von Besuchern das Treiben bestaunen. Ihnen ist jetzt durchaus etwas entgangen.

Der Bau des Mega-Projekts, das beriets 2008 begonnen wurde und immerhin 300 Mio. € kostet, macht weiter gute Fortschritte. Mit großen Schritten nähern sich Arbeiter und Projektverantwortliche dem lang ersehnten Probebetrieb, der im August starten soll.

Mit dem neuen Bauwerk, das auf die europäische Wasserstraßenklasse V ausgelegt ist, soll das alte Schiffshebewerk von 1934 ersetzt werden. Es wurde zwar 2007 von der Bundesingenieurkammer als »Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland« ausgezeichnet, ist jedoch längst zu einem Engpass am östlichen Ende des Oder-Havel-Kanals geworden.

Die alte Anlage (82 m x 9,50 m, Abladetiefe 2,00 m, Durchfahrtshöhe 4,10 m) wird jährlich von rund 14.000 Wasserfahrzeugen genutzt, die zu je einem Drittel auf die Güterschifffahrt, die Fahrgast- sowie die Sportbootschifffahrt entfallen. Das neue Hebewerk ist auf die Passage von Fahrzeugen mit 110 m Länge, 11,45 m Breite, 2,80 Abladetiefe und 5,25 Durchfahrtshöhe ausgelegt.

Künftig könnten daher deutlich mehr Transporte von Containern und Projektladungen bewältigt werden, sagt Rolf Dietrich, Leiter das Wasserstraßen-Neubauamtes (WNA) Berlin. Auch die boomende Flusskreuzschifffahrt werde die Wasserstraßen zwischen Berlin und Szczecin bis zu den Küsten- und Boddengewässern rund um Rügen künftig besser nutzen können. Das neue Schiffshebewerk ist auf die Bewältigung eines Ladungsaufkommens von bis zu 4 Mio. t an Gütern pro Jahr ausgelegt.

Zuletzt wurde der rund 10.000 t schwere Trog nun erfolgreich bis auf 36 m, auf das Niveau der oberen Kanalhaltung bewegt. Für Dietrich ist dies »ein weiterer Meilenstein«. Obwohl der Versuch zuvor an einem digitalen Anlagenzwilling getestet wurde, seien alle Projektbeteiligten froh, dass auch die reale Anlage funktioniere, sagt Dietrich. Anschließend konnte mit dem sogenannten Andichtrahmen auch das letzte große Maschinenbauteil montiert werden. Diese Komponente wird für das spätere Andocken des Troges an die untere Stauhaltung der Alten Oder gebraucht.

Der aktuelle Projektablaufplan des Generalauftragnehmers sieht vor, dass der Probebetrieb für die Gesamtanlage im August starten kann. Dann sind bis zu 500 Trogfahrten vorgesehen, um die Anlage zu testen und die Steuerung zu optimieren. »Einen Termin zur Verkehrsfreigabe werden wir erst nach dem erfolgreichen Probebetrieb festlegen«, sagt WNA-Chef Dietrich.

In Kooperation mit dem Land Brandenburg wurden parallel die letzten zwei besonders niedrigen Brücken westlich des Schiffshebewerkes angehoben. Damit ist künftig auf der Strecke Szczecin–Eberswalde nahezu ganzjährig eine Durchfahrtshöhe von 5,25 m gegeben.Zwischen Berlin und Eberswalde ist dann immerhin eine Durchfahrtshöhe von mindestens 4,50 m nutzbar.


Christian Knoll