Elbschifffahrtstag: Hoffnung für die Elbe?

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Auch wenn die Umsetzung des Gesamtkonzeptes Elbe vorangeht, steht die Schifffahrt nach Meinung von Experten vor großen Herausforderungen. Grund sind drohende Niedrigwasserlagen in den kommenden Jahren

Der diesjährige Elbschifffahrtstag konnte wegen der Corona-Krise nur als Videokonferenz stattfinden. Auf der Teilnehmerliste fand sich außer der Reederei Ed Line keine andere Schifffahrtslinie mehr, keine Werften und an Häfen nur die SBO (Sächsische Binnenhäfen Oberelbe) und die UHH (Umschlgs- und Handelsgesellschaft) Haldensleben. Dabei hatte sich die Organisation Hafen Hamburg Marketing (HHM) große Mühe gegeben, ein anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen.

Der Abteilungsleiter Binnenschifffahrt der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), Norbert Salomon, sagte, dass sich das Gesamtkonzept Elbe (GKE) bereits in einer Phase befinde, die man als den Beginn der Umsetzung dieses Programmes bezeichnen könne. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die GDWS setzten alles daran, die Schifffahrt der Elbe zu ertüchtigen und die Sohlenerosion zu mindern.

Enno Nilson von der Bundessanstalt für Gewässerkunde schätzte für die vergangenen zehn Jahre ein, dass die Niedrigwasserentwicklung im Elbegebiet ein solch bedrohliches Maß angenommen habe, dass die Schifffahrt künftig während eines Jahres womöglich länger als sechs Monate lang nicht möglich seien könnte. Da auch die zunehmende Flutung und Renaturierung stillgelegter Tagebaue in den mitteldeutschen und brandenburgischen Braunkohlerevieren der Elbe weiteres Wasser entziehen würden, müsse man damit rechnen, dass auf 30 Jahre und bis 2100, der Wassermangel für die Elbeschifffahrt weiter zunehmen werde.

Thomas Gabriel, in der GDWS verantwortlich für die Realisierung des GKE, berichtete, dass die Stellenbesetzung in den Ämtern an der Elbe planmäßig verlaufe. Im vorigen Jahr habe eine Bereisung der sogenannten Elbe-Reststrecke zwischen Dömitz und Hitzacker stattgefunden, welche die Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie in eigener Zuständigkeit zur Folge haben werde. Hier arbeite die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) eng mit den angrenzenden Bundesländern zusammen. Für die Erosionsstrecke bei Klöden, vor und nach Ekm 187, wurde im Februar dieses Jahres eine Kooperationsmaßnahme ausgearbeitet und beschlossen, auf welche Weise die Erosion der Flusssohle hier eingedämmt werden solle.

Kritik an Sichtweitenbeschluss

Der Vorsitzende der Elbe-Allianz, Stefan Kunze, verwies auf den Umstand, dass der Klimawandel dazu geführt habe, dass das Niedrigwasser – wegen der zu geringen Schneelast des vergangenen Winters auf den Mittelgebirgen – die Schifffahrt auf der Elbe bereits im April zum Stehen gebracht habe. Gleichzeitig forderte er, die Verfügung der GDWS für einen 250m weiten Sichtschatten vor den Schub- und Koppelverbänden aufzuheben. Diese müssten jetzt mit Vorspannschleppern fahren, was die Transportkosten immens erhöhen würde. Diese Entscheidung habe mit dazu beigetragen, dass die größte tschechische Reederei, die CSPL, und die Deutsche Binnenreederei (DBR) insolvent geworden seien. Die CSPL ist bereits an die Rhenus Partnership verkauft worden. Die DBR stehe noch zum Verkauf an dasselbe Unternehmen. Das wäre eventuell alles nicht erforderlich gewesen, wenn man auf Radar und Kameras vertrauen würde, so Kunze.

Auch SBO-Geschäftsführer Heiko Loroff kritisierte das Verhalten des BMVI in Bezug auf den 250-m-Sichtweitenbeschluss. »Obwohl alle Schiffe mit Radar ausgerüstet sind und die Schiffer sich auch Bugkameras leisten können, wurde ein Beschluss gefasst, der nicht nur nicht der Sicherheit dient, sondern die Schifffahrt auf der Elbe in den Ruin treibt, wenn er nicht aufgehoben wird.« Vorspannschlepper würden die Transportkosten so stark erhöhen, dass die Schiffer nicht mehr rentabel fahren könnten. Jedes Jahr würden die deutschen Häfen der SBO, wie es die Häfen Torgau und Roßlau bewiesen, und die sächsisch-tschechischen Binnenhäfen weiter modernisiert und mit leistungsstärkerer Umschlagtechnik nachhaltig ausgestattet. Wenn keine Schifffahrt fahren könne, seien auch die getätigten Investitionen in die Hafenumschlagstechnik hinausgeschmissenes Geld, so Loroff.

Digitalisierung hat Priorität

Der Leiter des WSA Magdeburg, Tjark Hildebrandt, führte für sein Amt aus, dass es das Hauptaugenmerk darauf lege, die Regelunterhaltung und die Digitalisierung der Elbe voranzubringen. Seine Tauchtiefenstrecken fünf (Saalhorn) bis acht Dömitz (Mündung Müritz-Elbe-Wasserstraße) würden die Schifffahrtsbedingungen die meiste Zeit des Jahres so hergeben, wie im GKE vereinbart, 160cm Wassertiefe und 140cm Tauchtiefe, was aber leider nicht zum Tragen kommen könne, weil die Tauchtiefenstrecken davor und danach das nicht hergäben. Sein Amt betreue rund 3.000 Buhnen und 65km Deckwerke. Alle Pflegearbeiten würden vom Wasser aus, also mit eigener Technik vorgenommen.

Wolfgang Meissner aus Halle/Saale monierte unterdessen, dass der Hafen Halle für eine zweistellige Millionensumme ausgebaut worden war, ohne als Hafen funktionieren zu können, weil der Saale-Seiten-Kanal von einem Verkehrswegeplan zum anderen in den »weiteren Bedarf« geschoben worden sei und nun seine Hafentätigkeit bis auf Bahnverladungen von Containern eingestellt habe. Dabei würde es im Saalegebiet nachgewiesenermaßen ein binnenschifffahrtaffines Güterangebot von 2 bis 3Mio.t geben, was der Saaleverein nach mehreren Umfragen in den Vorjahren nachgewiesen habe.


Christian Knoll