In einem Positionspapier fordern Verbände und Politiker eine Reform der Wasserstraßenverwaltung (WSV). Der Bundesverkehrsminister und Binnenschiffer halten dagegen.
Zu langsam, zu unflexibel und ineffizient – die Vorwürfe gegen die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) wiegen schwer. In einem Positionspapier haben sich mehrere Verbände des Gewerbes und der Industrie, unterstützt von einigen Politikern aus dem Bundestag, für grundlegende Änderungen bei der WSV ausgesprochen.
Im Kern zielt der Vorstoß auf eine Trenung hoheitlicher und operativer Aufgaben ab – nach dem Vorbild von Fernstraßenbundesamt und Autobahn GmbH im Straßensektor. Mit einer zu schaffenden neuen Infrastruktur-Gesellschaft könnte der Bund zudem eine überjährige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung – wie im Schienensektor praktiziert – abschließen. Das verschaffe der Bauwirtschaft die nötige Planungssicherheit, heißt es. Mit einer Oberbehörde wie der WSV sei dies dagegen nicht möglich.
Es sind jährlich Mittel in Höhe von mindestens 2 Mrd. € bereitzustellen, um den Substanzverlust zu stoppen und um die baulichen Anlagen und Gewässer zu sanieren, sie bedarfsgerecht zu erhalten und auszubauen, heißt es in dem Papier der »Initiative System Wasserstraße«. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Verbände VBW, BÖB, VSM, BDI, VCI oder die IHK.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die Forderung bereits zurückgewiesen. Er bekommt nun Unterstützung von Seiten der Binnenschifffahrt. Der Bundesverband BDB hält sowohl eine Ausgliederung des Baubereiches aus der Behördenstruktur der WSV in eine Privatrechtsform als auch einen Wechsel von der Haushaltsfinanzierung zu einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung »für nicht zielführend«.
Ähnlich äußerte sich jetzt Steffen Bauer, als CEO der HGK Shipping. Der Chef von Europas größter Binnenreederei plädiert für eine Reorganisation anstelle einer Privatisierung. »Mit einer grundlegenden Reform verlieren wir wertvolle Zeit«, so Bauer. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass die WSV als private Wasserstraßen GmbH automatisch bessere Ergebnisse liefern würde. Fakt sei aber auch, so Bauer, dass neben Personalmangel und Unterfinanzierung die derzeitigen Hierarchien die Planungsprozesse für den dringend notwendigen Infrastrukturausbau zusätzlich verlangsamen.
Einen gangbaren Weg sieht er darin, in eine Art »Dringlichkeitsmodus« überzugehen. »Wenn Aufgaben priorisiert, genaue Zielvorgaben und ein straffer Zeitplan definiert sind, werden Hierarchien ganz automatisch flacher, die Kommunikation wird intensiver und die Übernahme von Verantwortung durch einzelne Mitarbeitende nimmt zu – eine organische Reorganisation im laufenden Betrieb sozusagen«, erklärt Bauer.
Der BDB spricht sich für eine »punktuelle Nachsteuerung zur Personalgewinnung und zur Optimierung der Verwaltungsabläufe« für den richtigen Weg.
Aber auch die Gegner einer Ausgliederung sehen das gleiche Hauptproblem wie die Befürworter: das fehlende Geld. »Selbst die beste Organisation mit dem engagiertesten Team wird die deutliche Finanzierungslücke nicht schließen können.« In diesem Jahr fehlen gegenüber dem Vorjahr 350 Mio. € im Verkehrsetat. Der BDB fordert eine »bedarfsgerechte Ausstattung der WSV mit Personalstellen und mit Finanzmitteln.« Hier stünden Bundesregierung und der Bundestag in der Pflicht.
Dass sich die Probleem der Verwaltung nicht nur auf die Binnenwasserstraßen erstrecken, hat jetzt auch Axel Mattern, Vorstand von Hamburg Hafen Marketing (HHM), deutlich gemacht. Die Verwaltung sei »eine Katastrophe vor dem Herrn«. So gebe es beispielsweise keine Koordinationsstelle beim Bund für die Deutsche Bucht. »Jeder Flughafen hat einen Tower, und eine Flugsicherung für Deutschland gibt es natürlich auch, nur für die Schifffahrt gebe es nichts dergleichen. Es gebe zudem keine Mobilfunkabdeckung. Lotsen müssten daher 400 m lange und 60 m breite Containerriesen »mit Bauchgefühl und Norddeich Radio« in Position bringen.