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Von Norddeich nach Norderney in der Hälfte der Zeit und ohne CO?-Emissionen – das soll der E-Kat ermöglichen, den die Reederei Norden-Frisia bei der Werftgruppe Damen bestellt hat. Nach Ablieferung wird es das erste rein elektrische Seeschiff in Deutschland sein

Die AG Reederei Norden-Frisia setzt im Rahmen ihres Nachhaltigkeitskonzeptes voll auf elektrischen Antrieb. Erstes Projekt ist ein E-Katamaran, der zwischen Norddeich und Norderney eingesetzt werden soll. Dazu hat die Reederei mit der Damen Shipyards Group in Norddeich nun einen Vertrag für den Bau des ersten rein elektrischen Katamarans (E-Kat) unter deutscher Flagge abgeschlossen.

Dienstbeginn für das E-Kat mit Alurumpf soll Mai 2024 sein, dann kann es bis zu 150 Fahrgäste hin und her befördern. Norden-Frisia plant, das Schiff vor ­allem in der Hauptsaison einzusetzen, mit acht Fahrten zur Insel Norderney. Die Fahrzeit für die elf Kilometer Strecke zur Insel soll nur 30 Minuten betragen. In Norddeich zurück wird der E-Kat in rund 28 Minuten vollgeladen, bereit für die nächste Tour. Bei der Reederei Norden-Frisia ist die Vorfreude groß: »Ein tolles Projekt, bei fast halbierter Fahrzeit keinen CO?-Ausstoß zu verursachen. Unser langfristiges Ziel ist es, einen geschlossenen Kreislauf aus Stromproduktion und -verbrauch zu schaffen«, sagt Reedereivorstand Carl-Ulfert Stegmann. Die Maßnahmen für eine autarke Energiegewinnung befinden sich in der Umsetzung. So entstehen momentan in Norddeich Parkflächen, die mit Photovoltaikanlagen überdacht sind. Alle weiteren Gebäude des Unternehmens werden ebenfalls auf ihre PV-Eignung geprüft und dann entsprechend ausgestattet.

Fürs Wattenmeer konzipiert

Die Damen Werft sieht den Auftrag aus Ostfriesland ebenfalls als Teil einer Nachhaltigkeitsstrategie: »Gemeinsam mit internationalen Partnerunternehmen entwickeln wir derzeit eine Reihe von Zero-Emission Marinesystemen«, sagt Joschka Böddeling, Sales Manager bei der Damen Group. Der E-Kat für die Reederei Norden-Frisia sei eines dieser Projekte.

Das Schnellschiff ist nach Vorgaben der Reederei Norden-Frisia speziell für den Einsatz im ostfriesischen Wattenmeer konzipiert. Mit einem Tiefgang von nur 1,20?m kann die Insel so auch bei niedrigen Wasserständen schnell erreicht werden, skizziert Michael Garrelts, technischer Inspektor bei der Norden-Frisia, einen wesentlichen Vorteil.

Das 32,3?m lange Schiff erhält einen Antrieb durch zwei je 600?kW starke Elektromotoren, zwei elektrische Bugstrahlruder von je 75?kW helfen bei den Manövern. Die ausgelegte Geschwindigkeit liegt bei 19?kn. An Zuladung sind 11.250?kg möglich. »Während des Betriebs des E-Kats und durch die Beladung mit unserem eigens über unsere Solardächer gewonnenen Stroms, gibt es im gesamten Ablauf keine CO?-Emissionen. Wir setzen voll auf die autarke Energieerzeugung vor Ort« sagt Garrelts.

Kürzere Ladezeit

FerryCharger von Wabtec
Dient als Vorlage: der FerryCharger © Wabtec

Dafür dass Fähren unter anderem in den Häfen von Norddeich und Norderney künftig schneller und effizienter mit Strom aufgeladen werden können, will das HYPOBATT-Projekt sorgen. Die Abkürzung steht für »Hyper powered vessel battery charging system«. Das Vorhaben, das Teil einer EU-weiten Horizon-Initiative ist, fokussiert sich auf die Entwicklung eines Megawatt-Ladestandards und Ladeinfrastruktur für Fähren in europäischen Häfen. An dem Projekt beteiligt, ist unter anderem das US-amerikanische Unternehmen Wabtec. Es arbeitet im Konsortium mit 18 Partnern an einem 42-monatigem Projekt, das maritime Ladelösungen identifiziert, welche die Kontaktzeit, die Wartezeit und die Wartungskosten reduzieren sollen. Ziel des HYPOBATT-Projekts ist es, die Gesamteffizienz von Schnellladesystemen um 20?% zu verbessern. Im Rahmen des Projekts soll außerdem ein vollautomatisches und sicheres elektrisches Schiffsanschlusssystem entwickelt werden, mit dem die Schiffsbatterie bereits am Kai vollständig aufgeladen werden kann. Damit wollen die Beteiligten die Anschlusszeit auf weniger als 30 Sekunden, die Ladezeit um zehn Prozent und den Platz im Hafen für das Ladesystem um 20?% reduzieren. Darüber hinaus wollen die Projektpartner die Verfügbarkeit des Ladegeräts um 95?% und die Lebensdauer der Batterie um zehn Prozent verbessern.

Das Konsortium wird die Technologie in den Häfen von Norddeich und Norderney, Deutschland, einführen. Die Tests werden auf einem Schiff der Reederei Norden-Frisia durchgeführt. Dieses Projekt soll dazu beitragen, Standards für ein modulares, schnelles und einfaches Multi-Megawatt-Ladesystem festzusetzen. Die Ladelösungen von Wabtec, wie FerryCHARGER, werden als Vorlage für das Projekt dienen.?ga/AW

 


Drei Fragen an: Olivier Kompaore, Vize-PräsidentWabtec Charging & Power Transfer ?HYPOBATT-Projekt

 

Olivier Kompaore
Olivier Kompaore © Wabtec

Das HYPOBATT-Konsortium will effizientere Ladetechnologien in den Häfen Norderney und Norddeich einführen. Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf die beiden Standorte?
Olivier Kompaore: Bei der Verwirklichung solcher Projekte spielt die vorhandene Infrastruktur eine entscheidende Rolle. Es gibt nicht viele Fährverbindungen auf dem europäischen Festland, für die eine vollständige Elektrifizierung der neu gebauten Fähren bis zu diesem Zeitpunkt (bis 2024) bereits in Planung war. Darüber hinaus spielten auch äußere Umstände, wie unter anderem die Notwendigkeit eines schnellen Ladevorgangs und die Frequenz des Fährverkehrs, eine wichtige Rolle. Natürlich ist auch der Zeitplan für das Projekt essenziell. Europa hat sich ehrgeizige Ziele für die Reduktion der CO?-Emissionen gesetzt. Wir müssen deshalb jetzt mit dem Einsatz von innovativen und nachhaltigen Lösungen starten.

Was genau soll dort installiert werden?
Kompaore: In den beiden Häfen von Norderney und Norddeich wird ein modulares, schnelles und einfaches Multi-Megawatt-Ladesystem installiert. Hier ist auch ein innovativer und vollautomatischer Anschluss der Fähren integriert. Die Schnellladestation wird die Energieeffizienz des Ladevorgangs um 20?%verbessern, dabei soll die Fähre innerhalb von 30 Sekunden nach dem Anlegen an die Ladestation angeschlossen werden. Die Anlage ist außerdem mit einem Energiemanagementsystem (EMS) ausgestattet, das sowohl an Land als auch auf dem Schiff funktioniert. Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist die Entwicklung von Mechanismen, die die Flexibilität des Ladesystems im Zusammenspiel von Schiffsbauern, Dienstleistern, Häfen und involvierten Parteien voll ausschöpfen.

Welche Rolle spielt die Norden-Frisia-Fähre in dem Projekt?
Kompaore: Die Fährverbindung zwischen Norddeich und Norderney, die von der Reederei Norden Frisia betrieben wird, bietet ideale Voraussetzungen, um das Projekt zu realisieren. Die Reederei wird die zwei Häfen für Tests und für neue Prototypen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig fördert die Reederei so den Umstieg auf elektrische Antriebe, um nachhaltigen Seeverkehr weiterzuentwickeln. Das Hypobatt-Projekt wird dabei mit neu gebauten Fähren durchgeführt, um notwendige Sicherheitsstandards beim Anschluss an die Ladesysteme zu garantieren. Gleichzeitig eignen sich die Fähren auch für andere notwendige Betriebssysteme.