Fehlende Investitionen an den Wasserstraßen und gesetzliche Hürden standen bei einem Parlamentarischen Abend in Berlin im Fokus.
Eingeladen hatte die Parlamentarischer Gruppe Binnenschifffahrt (PGBi), ein Zusammenschluss von rund 50 Bundestagsabgeordneten. Traditionell wurde sie bei der Organisation von den beiden Verbänden BDB und BÖB unterstützt. Dieses Mal war ein Fahrgastschiff Ort des Geschehens, das im Berliner Regierungsviertel seine Runden drehte.
Von einem beschaulichen Tour konnte allerdings keine Rede sein. Zu drängend sind die Themen, die derzeit auf dem gesamten System Wasserstraße lasten. Mit einer Etatkürzung um 350 Mio. € hatte alles begonnen. Zuletzt wurde der Binnenschifffahrt auch ein »überragendes öffentliches Interesse« abgesprochen. Denn auf der Liste der Projekte, die künftig unter das geplante Genehmigungsbeschleunigungsgesetz fallen, tauchen die Wasserstraßen mit keiner einzigen Maßnahme auf – nicht einmal mit der unbestritten wirksamen Mittelrheinvertiefung.
Wasserstraßen brauchen Geld, Planung, Personal
So nutzten die Verbände die Fahrt auf dem Berliner Fahrgastschiff MS »Phantasia«, um ihre Forderungen noch einmal nachdrücklich zu Protokoll zu geben. Für die Binnenhäfen forderte BÖB-Präsident Joachim Zimmermann, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der See- und Binnenhäfen als zentrales Ziel in der Nationalen Hafenstrategie zu verankern.
Konkret werde die gemeinsamen Unterstützung des Bundes und der Länder bei der Sicherung und Erweiterung von Hafenflächen gebraucht, beim Abbau regulatorischer Hürden für die Errichtung und den Betrieb von Umschlag- und Lagereinrichtungen, eine Bund-Länder-Förderung für die Sanierung von Kai und Uferanlagen sowie die Unterstützung bei den bevorstehenden großen Transformationsprozessen. Dazu zählt Zimmermann die Dekarbonisierung, die Energiewende, den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft und die Digitalisierung.
Gleichstellung von Wasserstraßen mit Schiene
»Die Binnenhäfen haben hierzu bereits sehr konkrete Forderungen und Vorschläge unterbreitet«, betonte Zimmermann. Unabdingbar sei auch, dass alle nötigen Maßnahmen entsprechend finanziert sind und dass ein Level-Playing-Field, also eine Gleichstellung, für die beiden Verkehrsträger Schiene und Schiff bereitet werde.
Zur Erinnerung: Während die Bahn mit insgesamt rund 45 Mrd. € über mehrere Jahre bedacht wird, wurde der Investitionsetat für die Wasserstraßen von knapp 1 Mrd. € auf knapp 600 Mio. € gekürzt. Nötig seien dagegen 2 Mrd. € pro Jahr – also mehr als das Dreifache der bewilligten Summe.
Den Bedarf an mehr Geld macht auch der BDB geltend, der ein aktuelles 10-Punkte-Papier vorgelegt hat. Darin sind unter der Überschrift »Vorfahrt für Binnenschifffahrt und Wasserstraße!« die dringendsten Maßnahmen aufgelistet.
10-Punkte-Papier listet dringende Aufgaben auf
Neben einer Aufstockung des Etats und einer überjährigen Verwendung der Mittel fordern die Binnenschiffer, dass in der WSV in ausreichender Zahl Stellen geschaffen und mit qualifizierten Fachkräften besetzt werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen verkürzt werden, am besten durch die Aufnahme ins Genehmigungsbeschleunigungsgesetz. Benötigt wird außerdem ein »groß angelegtes« Flottenerneuerungsprogramm des Bundes und außerdem ein weiteres Förderprogramm zur Finanzierung der Betriebskosten in der Binnenschifffahrt, vergleichbar mit der Schiene nach belgischem und niederländischem Vorbild.
BDB-Präsident Martin Staats zeigte sich enttäuscht, dass – trotz Einladung – kein Vertreter der Leistungsebene aus dem Bundesverkehrsministerium den Weg zum Parlamentarischen Abend gefunden hatte.
Mittelrhein bleibt im Fokus
Stellvertretend für zumindest eine der Regierungsparteien plädierte Lukas Benner (Grüne) in einer engagierten Diskussion für praxisnahe Vereinfachungen bei Planung und Genehmigung sowie für eine bedarfsgerechte Finanzierung der Bundeswasserstraßen. »Ich fordere als Grüner bei jeder Gelegenheit, die Mittelrheinvertiefung zügig umzusetzen«, so Benner, Mitglied der PGBi. Dies sei unzweifelhaft ein sinnvolles Projekt, auch wenn es nicht im Genehmigungsbeschleunigungsgesetz stehe. »Diese Liste, die jetzt im Gesetzentwurf steht, ist nicht meine Liste, und sie sähe auch nicht so aus, wenn ich sie geschrieben hätte.«
Tobias Zöller, Partikulier und Aufsichtsratschef der Genossenschaft MSG, fehlt jedes Verständnis dafür, dass die Mittelrheinoptimierung erst Anfang der 2030er Jahre realisiert werden soll. »Wir reden hier von der Beseitigung von sechs Problemstellen in der Fahrrinne. Das dauert maximal ein Jahr.«
Noch hat das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz den Bundestag nicht passiert, nicht zuletzt aufgrund des politischen Gerangels von Grünen und Liberalen um diverse Themen. Dass Wasserstraßenprojekte noch Eingang finden könnten, gilt aber als unwahrscheinlich.
Lesen Sie einen ausführlichen Bericht über den Parlamentarischen Abend in der kommenden Juni-Ausgabe der Binnenschifffahrt.