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Die deutschen Seehäfen haben im vergangenen Jahr 296,5 Mio. t Güter umgeschlagen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 0,7 % weniger. Der Containerumschlag lag unverändert bei 15,1 Mio. TEU.

Dass die deutschen Seehäfen weder beim Gesamtumschlag noch beim Handel mit Containern Wachstum verzeichnen konnten, sei auf die Standortnachteile zurückzuführen, die sie im Vergleich zu vielen europäischen Wettbewerbern vor allem in Belgien und den Niederlanden nach wie vor hätten, führte Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), bei der Jahrespressekonferenz in Hamburg aus. »Die Wettbewerbsnachteile müssen und wollen wir gemeinsam mit der öffentlichen Hand beseitigen«, unterstrich Dreeke.

Nachteile bei Einfuhrumsatzsteuer-Regelung

Eines der wichtigsten Beispiele hierfür sei das Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer. Dies werde in Deutschland anders umgesetzt als in in anderen Staaten der EU. Hierzulande müssen Importeure die Einfuhrumsatzsteuer direkt bei der Wareneinfuhr entrichten. Dadurch würden unnötige Kosten verursacht und die Liquidität auf Seiten der Importeure einschränkt, kritisierte Dreeke. Dies habe zur Folge, dass Waren über Nachbarstaaten eingeführt würden.

Hier sieht der ZDS-Präsident die Politik aber mittlerweile auf einem guten Weg, denn sie habe erkannt, dass etwas passieren müsse. »Bund und Länder sind sich einig: Die in Deutschland angewandte und von allen Seiten als revisionsbedürftig angesehene Vorgehensweise muss durch ein besseres Verfahren ersetzt werden. Auch die Lösungskonzepte zur Einführung des im EU-Recht längst verankerten Verrechnungsmodells liegen jetzt auf dem Tisch – wir müssen dies nur umsetzen«, so Dreeke.

Ein weiterer Nachteil für Terminalbetreiber, der allerdings auf europäischer Ebene adressiert werden müsse, entstünde bei der Anwendung der Tonnagesteuer in bestimmten EU-Staaten. Mit der Tonnagesteuer könnten Reedereien, die ebenfalls in einem harten internationalen Wettbewerb stünden, ihre Steuerlast deutlich absenken, da die Ermittlung der Körperschaftsteuer auf Basis der Schiffstonnage und nicht auf Basis von tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen oder Verlusten erfolge.

Die Tonnagesteuer ist ein von der Europäischen Kommission gebilligtes, wichtiges Instrument zur Stärkung der europäischen Schifffahrt. In einigen europäischen Nachbarstaaten jedoch beeinflusse ihre Anwendung den Wettbewerb zwischen Terminalbetrieben, wie ein aktueller Bericht des International Transport Forums bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufzeige, so Dreeke. Die Europäische Kommission sollte daher die Anwendung der Tonnagesteuer im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen im Hafengeschäft untersuchen und gegebenenfalls korrigieren, regt der ZDS-Präsident an.

Vergleichsweise hohe Wegekosten, eine lückenhafte digitale Infrastruktur und langwierige Planungsverfahren seien weitere Bereiche, bei denen nachgesteuert werden müsse. Insbesondere gelte es, langwierige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Bezüglich der Wegekosten sollten aus Sicht des ZDS eine Entfristung der Trassenpreisförderung im Schienengüterverkehr und die Reduzierung der Stromsteuer auf Eisenbahnfahrstrom in Betracht gezogen werden.

Die Existenz einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur an Hafenstandorten, aber auch im relevanten Hafenhinterland, spielt im Standortwettbewerb eine wichtige Rolle. Auch hier gelte es, Boden gegenüber den Nachbarstaaten gut zu machen.

Mehr Rechtssicherheit nötig

Eine Beschleunigung von Planungsverfahren könnte durch eine Novellierung des deutschen Wasserrechts erreicht werden. »Neben einer Anpassung des deutschen Wasserrechts ist auch die Konkretisierung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die zurzeit überprüft wird, notwendig, um Verfahren zu verkürzen und mehr Rechtssicherheit zu schaffen«, betonte Dreeke. Der Zeitrahmen für die Vorgaben in der Richtlinie laufe aktuell bis 2027, sodass nicht klar sei, wie es danach weitergehe. Diese Tatsache könnte nach Ablauf dieses Zeitraums für zusätzliche, erhebliche Rechtsunsicherheit sorgen, mahnte er.

Positiv bewertet der ZDS die 140 Mio. €, die der Bund für die Landstromversorgung bereitstellen will. Ebenfalls zufrieden zeigt er sich mit der Entwicklung bei der Förderung von Innovativen Hafentechnologien (IHATEC). Im April endete der dritte Förderaufruf. Bisher wurden für eine Vielzahl von Projekten mehr als 100 Mio. € bereit gestellt.

Wegen des großen Erfolgs will das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) das Förderprogramm nun bis zum Jahr 2025 verlängern und jährlich 11 Mio. € für innovative Lösungen in See- und Binnenhäfen zur Verfügung stellen.

Moderates Wachstum wird prognostiziert

Unterdessen blickt der ZDS der Zukunft positiv entgegen, trotz vieler Unsicherheiten wie der Handelsstreit zwischen China und den USA sowie dem bevorstehenden Brexit. Dreeke hält einen Gesamtumschlag in den deutschen Seehäfen am Jahresende in Höhe von 300 Mio. t für realistisch. Im ersten Halbjahr gingen 148,1 Mio. t über die Kaikanten (+ 0,3 %) und 7,5 Mio. TEU (+ 0,7 %).

»Wir sind nicht in einer Wirtschaftskrise, sondern wir haben ein verlangsamtes Wachstum« sagte Dreeke. Solange ein Wachstum erzielt werde, sei es falsch, von Krise zu sprechen.

In seiner Veröffentlichung »Gleitende Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr – Kurzfristprognose Sommer 2019« prognostiziert das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) für die Jahre 2019 bis 2021 bei den Umschlagzahlen in den deutschen Seehäfen ebenfalls eine positive Entwicklung. Für das laufende Jahr erwartet das BAG ein Plus von 4,4 %. Dies sei das höchste Wachstum seit 2011 und vor allem mit dem Containerbereich begründet, wo ein knapp zweistelliger Anstieg zu erwarten sei, heißt es dort. Der Containerverkehr werde das ungewöhnlich hohe Wachstum des laufenden Jahres allerdings absehbar nicht wiederholen können. Für den gesamten Umschlag im Jahr 2020 beziehungsweise 2021 würden daher moderate Anstiege um 1,8 % beziehungsweise 1,5 % erwartet.

Unterdessen hat die Kreuzfahrtbranche für den ZDS eine immer größere Relevanz. Wichtige Häfen seien hier Hamburg, Rostock und auch in Bremerhaven komme wieder Bewegung in dieses Thema. Allerdings gelte es nicht nur für Landstromanschlüsse zu sorgen, sondern auch die Energiezufuhr sicherzustellen. Hier sei noch ein dickes Brett zu bohren, so Dreeke, der aber betonte, den Druck aufrecht erhalten zu wollen.