Die HGK hat ihren ersten Neubau getauft, der speziell für Zeiten mit kritischen Pegeln am Rhein gebaut wurde. Der diesel-elektrisch angetriebene Tanker »Gas 94« fährt künftig für BASF und ist ein Zwischenschritt zu mehr Nachhaltigkeit. Von Krischan Förster
Der Rhein und die Binnenschifffahrt sind von essenzieller Bedeutung für die Versorgung des BASF-Verbundstandorts Ludwigshafen. Ein Großteil der Fahrten passiert die kritische Stelle bei Kaub im Mittelrheintal. Der neue Gastanker »Gas 94« wurde so konstruiert, dass er selbst bei einem Pegel von 30 cm noch mindestens 200 t verflüssigter Gase befördern kann.
Möglich wird dies nach Angaben der HGK durch die optimierten Auftriebseigenschaften des Schiffskaskos, die durch eine ausgefeilte Anordnung von Komponenten wie Ladungsbehälter und Antriebstechnologie erzielt worden sei. Der 110 m lange Gastanker ist mit seinen 12,5 m zudem breiter als das übliche Maß von 11,5 m.
Anlass für die Suche nach einem neuen Schiffstyp waren 2018 die Auswirkungen des anhaltenden Niedrigwassers auf die logistischen Abläufe bei BASF sowie die wiederkehrend niedrige Pegelstände auf dem Rhein. »Die HGK Shipping ist ein langjähriger Partner und konnte uns mit ihrer innovativen Konzeption für ein Niedrigwasser-Gastankschiff aus dem hauseigenen Design-Center überzeugen«, sagt Barbara Hoyer, Vice President Domestic Deliveries bei BASF. Die »Gas 94« wird künftig für den Transport von verflüssigten Gasen zwischen den ARA-Häfen und dem Chemiestandort Ludwigshafen eingesetzt und wird so einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung des Standorts Ludwigshafen mit kritischen Rohstoffen leisten«, ergänzt Derya Kurus-Ebermann, Business Managerin C4 & Heavy Cracker Products bei BASF. Die vier Tanks mit einem Fassungsvermögen von je 584 m³ stammen von Barlage.
Auch für die HGK Shipping stellt der Neubau einen weiteren Meilenstein dar: »Die Kombination aus einem innovativen Antrieb mit einer extrem tiefgangsoptimierten Schiffskonstruktion gibt uns einen Eindruck davon, wie wir uns die Zukunft der Binnenschifffahrt vorstellen«, sagt Steffen Bauer, CEO der HGK Shipping.
Die Flotte soll daher weiter optimiert werden, um für die Industrie ein verlässlicher Partner bleiben zu können. »Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren sechs moderne Niedrigwasser- und antriebsoptimierte Schiffe in Dienst zu stellen und somit bis 2026 eine ›Gas 100‹ zu bauen«, sagt Anke Bestmann, Geschäftsführerin der HGK Gas Shipping.
Zu den auffälligen Design-Merkmalen zählen die neuartige Achter- und Vorschiffskonstruktion. Während das Vorschiff sehr voluminös ausgestaltet ist und damit für erhöhten Auftrieb sorgt, ähnelt die Achterschiffsform einem Diffusor.
»Trotz der vergleichsweise geringen Propellerdurchmesser garantieren wir die notwendige Leistungsfähigkeit bei einem gleichzeitig optimierten Verbrauchsverhalten«, sagt Tim Gödde, Managing Director der Sparte Ship Management bei der HGK Shipping. Bei der Konzeption und dem Engineering habe sich das hauseigene Team des Design-Centers eng mit den Transportmanagement-Experten der HGK Gas Shipping in Hamburg abgestimmt.
Der Hauptantriebsstrang der »Gas 94« besteht aus drei Ruderpropellern L-Drive VL 400 von Veth und E-Motoren mit jeweils 405 ekW. Dazu kommt ein Ruderpropeller VSG-1300 mit 400 kW, ebenfalls von Veth. Der Direktantrieb erfolgt ausschließlich über die auf der Welle installierten Elektromotoren.
Die vier Diesel-Generatoren von Scania vom Typ DC 13 liefern jeweils 397 kW, wobei bereits zwei in der Lage sind, die drei Antriebsstränge mit ausreichend Leistung zu versorgen. Sie wurden von Dolpower mit einem Abgasnachbehandlungssystem ausgestattet.
Intelligentes Power Management
Möglich ist dies durch die intelligente Energieeinspeisung über das bordeigene Power-Management-System von Werkina, das es den Angaben zufolge sogar erlaubt, kleinere Teilstrecken rein elektrisch zu fahren. Der Neubau erfüllt die in der EU geltende Stage-V-Abgasnorm und reduziert durch das Hybridkonzept die CO?-Emissionen um bis zu 30 %. Auch der Ausstoß anderer Schadstoffe sinkt deutlich – etwa der NOx-Ausstoß um mindestens 70 % gegenüber herkömmlichen ZKR-2-Motoren, die Feinstaubemissionen um über 90 %. Auch die Geräuschbelastung werde enorm vermindert, heißt es.
Die Tanks stammen vom Spezialisten Barlage aus Haselünne in Niedersachsen, der sich auf Stahlbaukomponenten und Apparate sowie Druckbehälter, unter anderem für den Marine-Bereich, ausgerichtet hat. Vier Svanehoj-Pumpen mit einer Leistung von 120 m³/h wurden installiert, um die Ladung zu bewegen-
Während der Kasko von einer Partner-Werft in Stettin (Polen) gebaut wurde, erfolgte die Endausrüstung bei der TeamCo Shipyard im niederländischen Heusden. Alle Fristen seien eingehalten worden, betont das Unternehmen. Vom Entwurf bis zur Inbetriebnahme seien gerade einmal 22 Monate vergangen. Die »Gas 94« ist bereits das fünfte Schiff, das die HGK Shipping seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 in Dienst stellt.