Der aus Abfall- und Reststoffen hergestellte Dieselkraftstoff HVO100 kann künftig in Deutschland eingesetzt werden. Für die HGK Shipping ein richtiger Schritt.
Mit HVO100 lassen sich die CO2-Emissionen gegenüber fossilem Diesel um bis zu 90% reduzieren. vorallem aber: Anders als sogenannte »grüne« Energieträger wie Methanol oder Ammoniak hat sich HVO 100 bereits in der Praxis bewährt, ist in industriellem Maßstab verfügbar und für moderne Dieselmotoren grundsätzlich geeignet.
Auch die Binnenschifffahrt profitiert von der Freigabe in Deutschland. Die HGK Shipping als Europas größtes Binnenschifffahrtsunternehmen sieht darin eine Chance, die Dekarbonisierung des Verkehrsträgers mittelfristig voranzutreiben.
Kraftstoff HVO
HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oils, also hydrobehandeltes Pflanzenöl. Es wird aus biogenen Rohstoffen wie Abfällen der Agrar- und Lebensmittelindustrie erzeugt. Dies sind unter anderem gebrauchte Speiseöle, pflanzliche und tierische Fette sowie organische Bestandteile von Siedlungsabfällen.
Diese Grundstoffe werden durch eine katalytische Reaktion mit Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt, die als Ersatz für fossile Kraftstoffe wie Diesel verwendet werden können. Da bei der Produktion, dem Transport und der Verbrennung von erneuerbarem Diesel nur etwa so viel CO2 freigesetzt wird, wie von den Biomasse-Grundstoffen während des Wachstums absorbiert wird, führt die Verwendung von erneuerbarem Diesel zu einer erheblichen Verringerung des Kohlenstoff-Fußabdrucks. Die Zahl 100 steht für eine 100%ige Herstellung aus solchen Ölen.
Das Gewerbe sei derzeit mit hohen Investitionskosten für neue Schiffsantriebe konfrontiert, heißt es bei der HGK Shipping. Mit rund 13.000 Schiffen (in Europa) sei dieser Sektor nicht groß genug, um von Seiten der Motorenhersteller entsprechende Entwicklungen einfordern zu können.
Ebenso schließe die hohe Altersstruktur der Flotten eine wirtschaftliche Umstellung der mit fossilem Brennstoff betriebenen Motoren auf alternative Antriebskonzepte, beispielsweise über Ammoniak, Methanol und Wasserstoff, kurzfristig aus. Außerdem fehle dafür noch die notwendige Infrastruktur.
Aus Sicht der HGK Shipping kann die HVO-Betankung daher eine sinnvolle Übergangslösung für die Binnenschifffahrt darstellen. Doch dafür, so die Forderung des Unternehmens, müssten die Kosten dieses im Vergleich deutlich teureren Kraftstoffes jedoch so lange gefördert werden, bis Marktmechanismen den Preis auf das Niveau herkömmlichen Diesels reguliert hätten. Es sei lohnend: Mit dem Einsatz des biogenen Kraftstoffs und damit verbundenen geringeren Emissionen könnte die Binnenschifffahrt bereits 2030 nahezu klimaneutral sein, so die Prognose des Branchenführers.
HVO-Beschluss als wichtiger Impuls für die Mobilität
»Das grüne Licht aus Berlin ist ein wichtiger Impuls für Mobilität in Deutschland – dies gilt auch für den ohnehin sehr klimafreundlichen Verkehrsträger Binnenschiff. Deshalb setzen wir ab sofort auf HVO100«, kündigte Steffen Bauer, CEO der HGK Shipping, umgehend an.
Er forderte die Bundesregierung auf, im Zuge einer Branchenlösung entsprechende Anreize zur flächendeckenden Nutzung in der Binnenschifffahrt zu schaffen. Denkbar sei eine befristete Steuerentlastung – dies könne die Nutzung dieser Übergangslösung entscheidend vorantreiben.
Parallel dazu sollten Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen im Bereich der Brennstoffzellentechnologie dauerhaft und gezielt gefördert werden. Unter solchen Voraussetzungen könne die Binnenschifffahrt planungs- und damit zukunftssicher wachsen und als wichtiger Verkehrsträger dabei helfen, im Sinne der avisierten Energiewende den CO2-Austoß in den nächsten Jahren bereits deutlich zu senken, betont Bauer.
Die HGK Shipping hat eigenen Angaben zufolge bereits Kontingente des Biokraftstoffs erworben, um Teile ihrer Flotte künftig ausschließlich mit HVO100 betanken zu können. Für den Einsatz des nicht aus fossilen Quellen gewonnenen Treibstoffs ist auch bei älteren Antrieben keine größere technische Umrüstung notwendig.