Blick auf die Werft Malz: Die Auftragslage ist trotz der Herausforderungen infolge der Pandemie sehr gut – auch dank der öffentlichen Hand © Knoll
Blick auf die Werft Malz: Die Auftragslage ist trotz der Herausforderungen infolge der Pandemie sehr gut – auch dank der öffentlichen Hand © Knoll
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Von Krise kann bei dem Schiffbaubetrieb im Norden Berlins keine Rede sein. Halle und Gelände sind bis auf den letzten Quadratmeter ausgelastet. Sorgen bereitet lediglich die vergebliche Suche nach neuen Auszubildenden. Von Christian Knoll

Als Corona durchs Land zog, registrierte Werftinhaber und Geschäftsführer Ralf Loerke noch eine gewisse Zurückhaltung. »Doch das hat sich schnell geändert, einen Mangel an Aufträgen hatten wir eigentlich nie. Derzeit haben wir sogar mehr Arbeit, als wir schaffen können.« Darunter ist auch ein Großauftrag, der alle Gewerke der Werft Malz beansprucht hat.

Dabei ging es um eine grundlegende Modernisierung des Jugendschiffes »ReMiLi« des Berliner Bezirksamtes Treptow-Köpenick. Es handelt es sich um einen ehemaligen Schleppkahn, der bereits nach der Wende durch das Amt komplett umgebaut wurde. Aber nach rund 30 Jahren musste es nun auf den neuesten Stand gebracht werden.

Der Stahlboden wurde zur Hälfte erneuert, darüber hinaus der Innenfußboden vollständig und die Innenverschalung teilweise abgebaut und ersetzt. Das Trinkwassersystem sowie Heizung und Sanitär wurden ausgetauscht, zudem wurde die gesamte Elektrik durch die Firma Mohrs und Hoppe vollständig erneuert. Schiffskörper und Decksaufbauten wurden durch die Malerfirma von Hilmar Bergmann sandgestrahlt und konserviert. Der gesamte Auftrag brachte der Werft einen Umsatz von 705.000 €.

Ämter erhöhen Auftragsvolumen

»In diesem Jahr haben auch die Ämter wieder mehr Aufträge vergeben als im Jahr zuvor«, berichtet Loerke. Dazu zählen der Haveleisbrecher »Eisbär«, der ein neues Stromaggregat der Firma Werns aus Lampertsheim erhalten hat. Beim Haveleisbrecher »Seestern« wird gerade die ehemalige SKL-Hauptmaschine auf den umweltfreundlicheren Kraftstoff GTL umgerüstet und der Unterwasseranstrich komplett gestrahlt und neu konserviert. Dazu kommt eine neue Ankerwinde der Firma Kappes-Nautik.

Die Elbeeisbrecher »Elbe« und »Biber« des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) Lauenburg müssen nach dem anspruchsvollen Eisbruch dieses Spätwinters gestrahlt und neu konserviert werden und liegen noch an der Werft. Außerdem erhalten sie neue Propellerwellen, um ihre Eistauglichkeit wieder herzustellen.

Ein Wohnschiff des WSA Oder-Havel (Eberswalde) ist zur Landrevision und zur Modernisierung an der Werft eingetroffen, ebenso das Arbeitsschiff »Canow«, dessen Hauptmaschine überholt wird und das zusätzlich ein neues Stromaggregat bekommt.

Auf dem Arbeitsschiff »Hohensaaten« werden neben den Konservierungsarbeiten beide Iveco-Maschinen überholt, und das Schiff erhält zwei neue Getriebe der Firma Twindisk. Die gleichen Maßnahmen stehen auch auf dem Arbeitsschiff »Bitter« des WSA Lauenburg an. Die »Fulda« des WSA Minden erhalte ein neues Hydrauliksystem, die Maschinentechnik werde auf den neuesten Stand gebracht und das Unterwasserschiff gestrahlt und neu konserviert. Drei Wasserschutzpolizeiboote des Landes Brandenburg werden komplett modernisiert, erhalten neue Heizungen, Stromaggregate und ein Batteriemanagement-System.

Neuer Eigner der »Seima«

Der ehemalige Schleppdampfer »Seima« hat einen neuen Eigner gefunden, der das 1909 gebaute Schiff grundlegend modernisieren lässt. Es bekommt einen neuen Elektroantrieb, wobei die alte Dampfmaschine mit allem Zubehör erhalten bleibt, weil das Schiff ein Unikat ist. Es wird anschließend in »Barbara« umbenannt.

Einen Neubau kann Ralf Loerke auch vermelden. In der Schiffbauhalle wird gerade ein selbstfahrendes Wohnschiff/Hausboot (6 Personen) für die Freizeitschifffahrt ausgebaut, nachdem Rumpf und Aufbauten bereits fertiggestellt wurden. Es erhält eine CE-Zertifizierung und kann dann vom Auftraggeber, der Fahrtgastreederei Halbeck in Rheinsberg (Mark), vermietet werden.

Neue Hoffnung gibt es auch für das 1882 gebaute Traditionsschiff »Hertha« des Fußballvereins Hertha BSC. Der ehemalige Konstrukteur der Yachtwerft Berlin, Hans-Ullrich Förster, habe das Schiff vermessen und sei zu dem Schluss gekommen, dass eine Anpassung an die aktuellen Vorschriften möglich ist. Eine endgültige Entscheidung soll im Herbst dieses Jahres fallen.

Lehrlinge dringend gesucht

Auch in den kommenden Wochen und Monaten sei die Auftragslage gut. Aktuell würden vor allem Neumotorisierungen angefragt, so Loerke. Sorge bereitet ihm der Mangel an Nachwuchs. Die Werft bildet selbst aus, gerade erst hat ein Tischlerlehrling seine Ausbildung abgeschlossen und wird übernommen. In drei Monaten folgt ein Maschinenbau-Lehrling. Doch trotz einer intensiven Suche, auch über Anzeigen in den regionalen Medien, sei es nicht gelungen, neue Auszubildende zu finden, so Loerke.